Ortsgeschichte
Schrattenthal, nach Hardegg die zweitkleinste Stadt Österreichs, ist in seiner heutigen Gestalt mit dem rechteckigen Straßenplatz eine planmäßige Gründung des 15. Jahrhunderts. Der Ort entstand als Burgsiedlung schon wesentlich früher und wird 1220 erstmals urkundlich genannt. Im 13. und 14. Jahrhundert saßen auf der Burg landesfürstliche Lehensträger, ab 1382 war sie im Besitz der Grafen Maidburg-Hardegg. 1434 wurden Burg und Herrschaft von Ulrich von Eitzing erworben, der Schrattenthal zum Zentrum seiner Herrschaft ausbaute. Der aus einem oberösterreichischen Rittergeschlecht stammende Adelige, seit 1439 Freiherr, war einer der einflussreichsten und finanzkräftigsten Politiker seiner Zeit, der in höchste Hofämter aufstieg und in den 1450er Jahren an der Spitze der Ständeopposition gegen Kaiser Friedrich III. stand.
1438 erwarb Ulrich für das Dorf das Marktrecht, zehn Jahre später wurden Burg und Herrschaft freies Eigen der Familie Eitzinger. In der Folgezeit wurde Schrattenthal planmäßig ausgebaut und befestigt. Die an die Burg anschließende Rechteckanlage der Stadt bildete mit der Burgbefestigung ein zusammenhängendes Mauer- und Wehrsystem mit großteils künstlich in den Fels gehauenen Gräben. Den Herrschaftsanspruch der Eitzinger dokumentiert vor allem das ungewöhnlich ausgedehnte Burgareal, das durch sein monumentales und qualitätvolles Bauprogramm als bauhistorisches Juwel ersten Ranges gilt und dem im Hinblick auf den frühen Schloss- und Festungsbau große Bedeutung beigemessen wird. Zentrales Bollwerk der Vorburg ist der gewaltige, allein stehende Rundturm (Hungerturm) mit einem Durchmesser von 18,55 m und einer Mauerstärke von 5,35 m. Im Hof befindet sich die 1436/38 erbaute spätgotische Schlosskapelle St. Martin, die wegen ihrer - wehrtechnisch erklärten - Besonderheiten wie Türmchen, Gang und Gusslöcher zu den Wehrkirchen gezählt wird.
Nach dem Tod Ulrichs von Eitzing 1460 konnte der geplante Ausbau Schrattenthals zum Zentrum einer freiherrlichen Hofhaltung unter seinen Nachfolgern nicht im geplanten Maß realisiert werden, nicht zuletzt wegen der von Ulrich verfolgten Oppositionspolitik gegen Friedrich III., doch wurde der Markt am 18. September 1472 zur Stadt erhoben. Gleichzeitig verlieh Kaise Friedrich III. der Stadt ein Wappen: In einem silbernen Schild auf einem im Grunde des Schildes befindlichen Felsgebirge stehend zwei mit Zinnen bewehrte Türme, der rechte schwarz, der linke rot, beide mit einer goldenen Kette verbunden und jeweils mit einer schwarz-weißen Tür mit rotem Querbalken versehen.
Aus dem 15. Jahrhundert stammt auch die Pfarrkirche St. Augustin (seit 1452 Pfarre), die neben einer älteren, seit dem 14. Jahrhundert genannten Marienkapelle errichtet wurde und mit dieser über eine Loretokapelle verbunden war. 1476/77 siedelten die Eitzinger neben dem ehemaligen Retzer Tor eine Augustiner-Chorherrenpropstei an, der die Pfarre übertragen wurde und die vor allem durch die sich entwickelnde Marienwallfahrt nach Schrattenthal größere lokale Bedeutung erhielt. Ende des 15. Jahrhunderts gründete Martin von Eitzing eine Bruderschaft zu Ehren der Sieben Schmerzen Mariae, das Gnadenbild (heute auf dem Tabernakel) soll in dieser Zeit aus Holland gebracht worden sein.
Mit der eingericheten Klosterdruckerei wurde Schrattenthal zum Standort der ersten Druckerei Niederösterreichs, in der 1501 das älteste gedruckte Buch (in Niederösterreich außerhalb Wiens) entstand. Drei Jahrzehnte später, am Beginn der Reformation, wurde das Stift gemeinsam mit der Pfarre 1534 aufgelöst. Erst Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Kirche wiederum zur Pfarre erhoben (1784). Sie war nach dem Stadtbrand von 1783 umfangreich erneuert worden. Die Marienkapelle wurde abgetragen, aus der ehemaligen Verbindung zur Marien- und Loretokapelle entstand ein spätbarocker Kapellen- und Oratoriumsanbau.
1620 wurde Schrattenthal den damals protestantischen Eitzingern entzogen, denen bis 1660 die Grafen Strozzi folgten. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Stadt 1645 Hauptquartier des schwedischen Feldherrn Torstenson. Unter den Freiherren Putz von Adlersthurn (1660-1734) erfolgte um 1719 ein barocker Umbau des Schlosses. Nach dem Brand von 1783, der weite Teile der Stadt zerstörte, wurden die Wehranlagen aufgegeben und teilweise abgetragen. Zu den bekanntesten Gästen im Schloss gehörte der Dichter Nikolaus Lenau, der sich auf Einladung seines Schwagers Anton Xaver Schurz, Sohn des Schlossverwalters, 1822 und 1826 längere Zeit hier aufhielt. Das Schloss ist bis heute in Privatbesitz und daher nur teilweise öffentlich zugänglich.
Traditionsreichster Wirtschaftszweig ist in Schrattenthal der hier schon im Mittelalter betriebene Weinbau. Seit 1969 besteht die Stadtgemeinde aus Schrattenthal, Obermarkersdorf und Waitzendorf und ist mit ca. 450 ha Weinfläche und rund 1000 Einwohnern die kleinste Weinstadt Österreichs.