Das Begräbnis des letzten Kuenringer
Die Beisetzung des am 9. Dezember 1594 verstorbenen, letzten Kuenringer Johann VI. Ladislaus von Kuenring-Seefeld fand erst vier Monate nach seinem Tod statt, da die Begräbnisfeierlichkeit wegen der ungünstigen Jahreszeit und der Verhinderung des Adels durch die Tagungen der Landstände in den Frühling verschoben wurde.
Am 9. April 1595 wurde die Bahre mit dem Leichnam in einem feierlichen Zug zur Pfarrkirche von Seefeld gebracht. Die von zwölf Adeligen und Nichtadeligen getragene Bahre war mit einer schwarzen Samtdecke mit dem kuenringischen Wappen bedeckt, auf der ein vergoldetes Schwert, ein vergoldeter Dolch und vergoldete Sporen lagen. Der Bahre voran gingen Schüler und Musizierende, Geistliche, die Richter und Untertanen der kuenringischen Herrschaften, Diener in Trauerkleidung, dann zwei Adelige, die eine schwarze Fahne und einen runden Schild mit dem mit den Worten "ut supra" überschriebenen "ganzen" Wappen trugen, ein Lehensmann mit der Helmzier, ein Ritter in Rüstung mit der Trauerfahne, drei Pferde mit den einzelnen Wappen (mit dem Balken, mit dem Ring, ganzes Wappen) sowie drei Lehensleute, die drei Schilde mit den einzelnen Wappen trugen. Der Bahre folgten die trauernde Verwandtschaft und der geladene Adel, dann die Witwe, geführt von Ludwig von Starhemberg und Jakob Franz Herberstein, und die Damen und am Schluss das Gesinde.
Der Leichnam wurde in die Kirche vor die Kanzel gebracht; die drei zum Zerbrechen vorgesehenen Schilde wurden auf den vorderen Altar gelegt. Unter Gesang gingen alle Anwesenden auf ihre Plätze, nur der gerüstete Ritter blieb bei der Kanzel stehen. Nach der Leichenpredigt des Pfarrers Veit Mänk von Schrattenthal erfolgte die Zeremonie des Zerbrechens der Schilde: Der Ritter legte sich neben die Bahre, ein weiterer Geistlicher, der Pfarrer von Triebeswinkel, stellte sich unter die Kanzel. Pfarrer Veit Mänk zerschlug nun auf der Kanzel an deren Ecke nacheinander die drei Schilde mit den einzelnen Wappen und warf die Trümmer neben den Ritter und die Bahre zu Boden, während der Pfarrer von Triebeswinkel rief: "Kuenring nimmer Kuenring!" Nach der Zeremonie wurde wieder gesungen und die Leiche bestattet. Die herumliegenden Trümmer wurden in das Grab geworfen.
Über die Zeremonie berichtete der Pfarrer Paulus Schaller:
" ... geht einer von Adel herfür zu dem Predigt-Sthul, trag die Tafl darauf drey Wapen mit dem Balken gemahlen und gibts Herren Veithen auf dem Predigt-Sthul, als nun derselb das Wapen über des Predigt-Sthul Ek zerschlägt, schreyet vorgemeldter Pfarr-Herr zu Triebeswinckl herunten stehend mit gar kläglicher Stimm: Chunring nimmer Chunring, da wirft Herr Veith die Trümmer neben den gerüsten Mann, un der Bahr hinab auf die Erd, gleichermassen ist es auch mit dem andern Schild, darauf das Wapen mit dem Ring gemahlt gewesen, fürüber gangen und gehalten worden. Nach diesen tragt der dritte von Adel das gantze der Herren von Chunring Wapen, auf einer Tafel gemahlt, herfür und gibts ebenfalls auf dem Predigt-Sthul, indem Herr Veith den Schild zerschlägt, schreiet der herunten stehende Pfarr-Herr mit gar kläglichen Worten: Chunring, hart Chunring und nimmermehr Chunring, und werden die Trümmer auch abgeworffen. Nach Vollendung dessen fäng man wieder an zu musiciren, hebt die Leich und legts in die Begräbnuss und stehet der gerüste Mann auf, hilft die Trümmer zusammen klauben und werffens in das Grab, und gehen folgends aus der Kirchen."
(Quelle: "Process des Leichenbegängnis Herrn Hans Lasla, Herren von Chunring, des Letzten seines Geschlechts ...", gedruckt bei G. E. Friess, Die Herren von Kuenring, 1874, Exkurs 3, S. 242)