Ortsgeschichte
Der Semmering, heute ein Sommer- und Wintertourismusort, war jahrhundertelang namengebend für einen der bedeutendsten Fernhandelswege über die Alpen: die „Semmeringstraße", wegen ihrer Bedeutung für den Italienhandel auch Italien- oder Venedigstraße genannt. Sie führte von Villach über den so genannten „schrägen Alpendurchgang" über den Semmering nach Wien.
Bis in das Hochmittelalter führte nur ein Saumpfad durch den unzugänglichen Cerwald (Cere = Harz, Pech), wie der Semmering lange Zeit hieß. Entscheidend für die Erschließung als Verkehrsweg war die Gründung eines Hospitals für Reisende (Spital am Semmering) im Jahr 1160 durch den steirischen Markgrafen Ottokar III., das den Pfad zur Straße ausbauen sollte. Aus dem 12. Jahrhundert stammt auch die erste urkundliche Erwähnung des mons Semernik für den Cerwald, vermutlich von slawisch cemerika, Schneerose. Bereits im 13. Jahrhundert wurde die nun auch für Wagen passierbare Passstraße zu einem internationalen Fernhandelsweg, der die älteren Straßen über den Wechsel und das Preiner Gscheid im Nah- und Fernverkehr zurückdrängte. Mit Schottwien und Mürzzuschlag entstanden beiderseits des Passes Siedlungen, die vom Warentransport und dem Vorspann lebten.
Die Straße verlief von Mürzzuschlag das Fröschnitztal aufwärts über Spital und Steinhaus bis zum Dürrgraben, stieg von dort zur Passhöhe steil an, führte nach dem Pass in einer großen Biegung zum Myrthengraben, unter dem Sonnwendstein durch und durch den Göstritzgraben steil hinunter nach Schottwien, wo seit Ende des 13. Jahrhunderts eine Maut bestand. Die Güter wurden in Fässern, Truhen und in Leinwand eingeschlagenen Ballen auf Saumtieren und Wagen transportiert. Wegen der Steilheit benötigten die Wagen einen aufwändigen Vorspann.
Im Spätmittelalter erlebte der Venedighandel über den Semmering aufgrund der Bemühungen der Habsburger, diesen auf die Semmeringstraße zu konzentrieren, einen bedeutenden Aufschwung. Importiert wurden u.a. Gewürze (vor allem Pfeffer), Öl, Feigen, Reis und Glas. Ab dem 15. Jahrhundert verlagerte sich der Italienhandel zwar auf die Brenner- und Tauernstraße, die Semmeringstraße blieb aber weiterhin einer der wichtigsten Verkehrswege für Massengüter wie Häute, Salz, Wein und Eisen. Durch den Ausbau der Hauptkommerzialstraße nach Triest unter Kaiser Karl VI. 1722 („Triester Straße") erlebte der Italienhandel über den Semmering einen erneuten Aufschwung. Wenige Jahre später wurden anlässlich einer Reise des Kaisers umfangreiche Verbesserungen an der beschwerlichen steilen Straße vorgenommen (1727/28).
Tiefgreifende Veränderungen brachte das 19. Jahrhundert: Aus dem durch Jahrhunderte nur mühsam zu bewältigenden Verkehrshindernis wurde ein mit der Bahn leicht erreichbares Erholungsgebiet der Städter. 1839 wurde mit der neuen Trassenführung der Straße in sieben Serpentinen zur Passhöhe (B 17) begonnen, und 1842 mit den Vorarbeiten für die erste Hochgebirgsbahn Europas durch Karl Ritter von Ghega, dem Leiter der südlichen Staatsbahn nach Triest. Nach der Eröffnung der Bahnlinien Wien-Gloggnitz und Mürzzuschlag-Graz (1842/44) erfolgte 1848 der Baubeginn des schwierigsten Teilstücks der Südbahn, das bereits sechs Jahre später fertiggestellt werden konnte: Am 17. Juli 1854 fuhr der erste planmäßige Personenzug über den Semmering. Am Bau der über 41 km langen Strecke mit 16 Viadukten und 15 Tunnels waren in Spitzenzeiten bis zu 20.000 Menschen beschäftigt; die gefährlichen Arbeitsbedingungen forderten zahlreiche Todesopfer.
Nach der Eröffnung wurde der Semmering das Ziel von Besichtigungsfahrten mit der Bahn sowie von Ausflügen und Bergwanderungen. Ab 1880 erfolgte die Anlage einer alpinen Hotel- und Villenkolonie nach Schweizer Vorbild, beginnend mit dem Bau des „Hotels Semmering" (später Südbahnhotel) am Wolfsbergkogel und einiger Villen durch die Südbahngesellschaft. 1887/88 entstand mit dem Bau des Panhans ein zweites Zentrum, dem mit dem „Erzherzog Johann", dem „Kurhaus" und „Place" weitere Grandhotels folgten. Nach der Idee eines großräumigen Landschaftsgartens wurden bei der Planung Kriterien wie Sichtbarkeit aus großer Distanz, Lage in teilweise steilem Gelände, Abstimmung der Blick- und Sichtachsen usw. berücksichtigt, sodass eine einzigartige, Landschaft und Baudenkmäler integrierende Kulturlandschaft entstand.
Innerhalb weniger Jahre wurde der Semmering der führende Höhenkurort der Monarchie, wo sich die Wiener Gesellschaft im Sommer und nach der Jahrhundertwende auch im Winter traf. Im Interesse einer ganzjährigen Auslastung der Gastronomiebetriebe wurde der damals aufkommende Wintersport sehr beworben. Modernste Sportanlagen wie die Bobbahn (1907), die Pinkenkogel-Rodelbahn (1910) und die Liechtenstein-Sprungschanze (1912) sowie spektakuläre Wettkampfveranstaltungen machten den Semmering zur ersten Wintersportadresse in den Ostalpen. Selbst im Ersten Weltkrieg kam es zu keinem einschneidenden Rückgang des Fremdenverkehrs. 1921 wurde Semmering zum Kurort ernannt, fünf Jahre später erfolgte die Anlage des ersten Golfplatzes Österreichs und 1934 des ersten Casinos der Republik. Viele Villen wurden in Pensionen umgewandelt, die Hotels erweitert und Kommunalbauten errichtet. Der „Semmeringer Sportverein Enzian" und die beiden Skischulen machten Skifahren und Rodeln ungeheuer populär.
Ende des Zweiten Weltkriegs und in der Besatzungszeit erlitt der Kurort schwere Schäden. Trotz Wiedereröffnung der Grandhotels (1948/49) und des weiteren Ausbaus der Semmeringstraße (1956-1958) kam es in der Folgezeit zu einem Rückgang des Tourismus und zur Schließung der großen Hotels und des Kurhauses. Ein Aufschwung setzte erst in den 1980er Jahren mit der Wiedereröffnung des Panhans (1982) und des Ausbaus des Skigebiets Hirschenkogel ein, auf dem im Dezember 1995 erstmals ein FIS-Weltcuprennen ausgetragen wurde. 1998 erfolgte die Errichtung der Hirschenkogel-Gondelbahn (Magic Mountain Express), der bislang einzigen Kabinenbahn Niederösterreichs. Im selben Jahr wurde die Semmeringbahn zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.
Mit Bescheid vom 17. Februar 1987 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Gemeinde ein Wappen: In einem von Silber und Blau im Tannenschnitt erhöht geteilten Schild wachsend eine zweigeschossige silberne Brücke mit oben fünf und unten drei Bogenöffnungen. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Blau-Weiß wurden genehmigt.