Auszug aus der Denkschrift
Das Dorf zählt 21, größtenteils elende Hütten und Häuser, und außer den par Quadratklaftern Grund, worauf dieselben erbaut sind, gehört dazu auch nicht das kleinste Stück Hausgrundbesitz.
Dennoch kann man, so unglaublich dies scheinen mag, die jeweilig anwesende Bevölkerung von Sitzenthal auf beinahe 200 Seelen annehmen, während die Zahl der in diese Gemeinde zuständigen, welche aber wegen des vagabundierenden Lebens derselben schwer zu eruieren ist, gegen 600 Köpfe betragen soll.
Dieses merkwürdige Misverhältnis ist dadurch entstanden, daß in früheren Jahren der Kauf und Verkauf der unterthänigen Häuser in Sitzenthal von Seite der herrschaftlichen Amtsverwaltung, um die Laudemialrente zu vergrößern, sehr befördert und erleichtert wurde. […]
Auf solche Weise wurde die Existenz einer Gemeinde gegründet, welche kaum ihresgleichen im Kronland haben dürfte, eine wahre Landplage der ganzen Gegend. […] Die Einwohner des Dorfes Sitzenthal, oder besser gesagt, die Zuständigen (da der Begriff Einwohner einen bleibenden Wohnsitz bedingt, was hier meist nicht der Fall ist) sind äußerst arm, da sie, wie gesagt, keine Klafter Hausgrund besitzen und die ganze Area der freien Überlandgründe, welch Eigenthum von Sitzenthalern sind, nicht mehr als 4 Joch beträgt, wovon 2 ½ Joch zur Taferne des Dorfes gehören. Die Einwohner sind daher keine Bauern. Wenige Maurer und Zimmerleute abgerechnet, betreiben dieselben aber auch kein Handwerk, sondern fast die ganze Bevölkerung besteht aus herumziehenden Strazzensammlern, ein Geschäft, welches ziemlich einträglich sein könnte. Da diese Leute jedoch von Kindheit an, an ein müßiges Vagabundenleben gewöhnt sind, so betreiben sie auch dieses Geschäft nur so lange, bis sie etwas Geld verdient haben, womit sie dann nach Hause zurückkehren, und sich, so lange das Geld reicht, der gränzenlosen Faulheit überlassen. Höchstens benützen sie die Ruhetage, um Holz, Erdäpfel, Kraut, Rüben u. dgl. Zu stelen und Scharen gänzlich verwahrloster Kinder auf Bettel in die umliegenden Schlösser und Dörfer zu senden. […]
Was den Kulturzustand und die Moralität dieser Menschen betrifft, so läßt sich die wahrhaft unglaubliche sittliche und religiöse Verwilderung, die gänzliche intellektuelle und moralische Versunkenheit derselben aus ihrer Faulheit, Arbeitsscheu, ihrem zigeunerähnlichen Leben, aus der Art ihres Erwerbes und aus der Überfüllung der engen elenden Wohnungen leicht erklären. […]
Daß bei einer solchen überbevölkerten, besitzlosen, arbeitsscheuen, physisch-verdorbenen Gemeinde die Zahl der Armen und Erwerbsunfähigen groß ist, läßt sich auch ohne Beweis denken.
Die eigene Dorfgemeinde kann dieselbe nicht erhalten, wie aus den angeführten Thatsachen klar ist. […] Es drängt sich nun die Frage auf, was geschähe, wenn plötzlich eine größere Zahl der Zuständigen entweder freiwillig in ihrer ohnedies überbevölkerten Gemeinde zurückkehrte, oder dahin aus der Fremde abgeschoben würde, und nun Obdach und Versorgung begehrte? […]
Daß die Existenz der Gemeinde Sitzenthal in jeder Beziehung ein schweres Uebel für die ganze Gegend ist, und daß eine Abhilfe von Seite der hohen Staatsverwaltung aus politischen wie religiösen Gründen dringend nöthig wäre. –
Die Existenz der Gemeinde Sitzenthal ist eine künstlich erzeugte, die Gemeinde selbst ist als solche nicht lebensfähig. […]
Der Existenz dieser lebensunfähigen Gemeinde Sitzenthal in ihrer jetzigen Gestaltung ein Ende zu machen.
Wenn an der Stelle dieser beinahe heidnischen Vagabundenhorde das Dorf von wenigen, aber fleißigen Arbeiter-Familien bewohnt wäre, welche reichlichen Erwerb fänden, so würde dieses Dorf statt einer Landplage eine Wohltat für unsere an fleißigen Handarbeiten ohnedies großen Mangel leidende Gegend.