St. Leonhard am Forst


Gemeinde Sankt Leonhard am Forst

Ortsgeschichte

In der breiten und fruchtbaren Ebene am Zusammenfluss von Melk und Mank liegt die Marktgemeinde St. Leonhard am Forst. Das heutige Gemeindegebiet, auf dem 50 Ortschaften liegen, umfasst die Katastralgemeinden Aichbach, Grimmegg, Ritzengrub und St. Leonhard am Forst.

Dass St. Leonhard am Forst ein uralter Siedlungsboden umgibt, zeigen zahlreiche Funde aus der Jungsteinzeit, wie etwa Lochbeile. Ein Ziegelofen und ein Bronzemesser stammen aus der Eisenzeit (bis 800 v. Chr.). Auf den Resten eines „Römerturms“ (an der Römerstraße von St. Pölten nach Wieselburg) wurde möglicherweise die Burg Peilstein im Nordosten der Marktgemeinde errichtet. Reste eines römischen Gutshofes werden bei einem Vierkanthof in Ritzengrub vermutet, über dessen Hofeinfahrt ein römischer Adler, an einer östlichen Hofmauer ein römischer Löwenkopf und in einer weiteren Mauer ein Verschlussstein einer Urnennische eingemauert wurden. Nebst Münzen wurden auch Mauerreste von Urnennischen mit 14 Aschenkrügen freigelegt. Seit dem 6./7., verstärkt ab dem 10. Jahrhundert siedelten sich Slawen und Baiern in der Gegend an, woran heute noch Ortsnamen erinnern.

Um 1085 übertrug Markgraf Leopold, vermutlich anlässlich der Vermählung seiner Tochter Euphemia mit Graf Konrad I. von Peilstein, diesem die Burg Peilstein nordöstlich von St. Leonhard am Forst. Die Peilsteiner (auch Peilensteiner) gründeten um 1160 die Pfarre in St. Leonhard. Sie war die Mutterpfarre für die Region. Das Pfarrgebiet reichte bis zum Ötscher. Um 1200 zählten die Grundherrschaften Hiesberg, Pöllaberg, Wildenstein, Kirnberg, Texing und Baulanden zur Grafschaft Peilstein. Der Ort St. Leonhard wurde planmäßig um einen Rechteckplatz (heute Hauptplatz) angelegt. Bereits um 1230 wird St. Leonhard als Markt genannt. Jahrmärkte fanden am Mittwoch in der Bittwoche (heute Kirtag) und am St. Martinstag (11. November) statt. Bedeutend war auch der 14-tägige Jahrmarkt mit Viehmarkt zur Sonnenwende, der 1396 verliehen wurde. Es gab auch weitere Viehmärkte während des Jahres.  

Nachdem die Peilsteiner im frühen 13. Jahrhundert ausstarben, fiel ihr Besitz wieder an die Babenberger. Die Burg verfiel zusehend, die Verwaltung der Herrschaft wurde in die Ortschaft verlegt. Peilstein ging an die Grafen von Plain- Hardegg über. Nach einem landesfürstlichen Intermezzo fiel sie schließlich an die Grafen von Ortenburg (zweite Hälfte 16. Jahrhundert), deren Verwaltungszentrum Karlsbach war. In St. Leonhard baute man ein eigenes Schloss, von dem aus der Pfleger die Herrschaft verwaltete (heute Gemeindeamt). Zwischen 1578 und 1800 war die Herrschaft Peilstein, die allmählich in Herrschaft St. Leonhard umbenannt wurde, im Besitz der Grafen von Auersperg.

Friedrich der Schöne schenkte 1316 die Pfarre St. Leonhard der 1314 von ihm gestifteten Kartause Mauerbach. Mit dem Um- und Ausbau der ursprünglich romanischen Saalkirche wurde im zweiten Viertel des 14. Jahrhunderts mit der Errichtung des Haupt- und Nordchores begonnen. Im 15. Jahrhundert wurden der Chor mit Netzrippen und das Hauptschiff mit Sternrippen eingewölbt. In er Verlängerung des nördlichen Seitenschiffes entstand 1718-1723 die Loreto-Kapelle als Begräbnisstätte für Wolf Ehrenreich von Auersperg. Mit der Aufhebung der Kartause Mauerbach 1783 wurde St. Leonhard landesfürstliche Pfarre. Von 1827 bis 1967 war sie dem Familienfonds der Habsburger angegliedert.

Die Auersperger waren Protestanten und förderten die Verbreitung der Lehre Luthers. Viele Geistliche heirateten und wendeten sich vom Katholizismus ab. 1596 kam es auch in der Herrschaft der Auersperger zum Bauernaufstand. Viele Bauern aus der Umgebung strömten in Wieselburg zusammen, zogen über Purgstall nach St. Leonhard, wo sie sich sammelten und Verstärkung erwarteten. Ihr Ziel war die Eroberung St. Pöltens. Die Ruhr wütete 1624 im Ort, es gab etwa 300 Tote. Einen Angriff osmanischer Streitscharen wehrten die Bürger des Marktes ab, indem sie mit Trommeln und Trompeten einen höllischen Lärm veranstalten, der die Angreifer in Angst und Schrecken versetzte, so die Legende. Der Durchzug der französischen Truppen 1805 gestaltete sich weniger erfreulich. 1.000 Gulden Brandsteuer waren zu errichten, Häuser wurden geplündert und Einwohner getötet.

Nach Konstituierung der ersten Gemeindevertretung 1850 beschloss man eine Kastanienallee auf dem Marktplatz anzupflanzen und Ruhebänke aufzustellen (Umsetzung 1851). 1867 erkannte man die Notwendigkeit eines Wasserleitungsbaus. Die Realisierung wurde durch den 1. Weltkrieg wiederum verschoben und erst 1920 in Angriff genommen. Im März 1921 wurde die erste örtliche Wasserleitung fertiggestellt (1932 erweitert). 1905 wurde feierlich die Bahnstrecke Mank–Ruprechtshofen eröffnet. St. Leonhard am Forst war als eigene Station angebunden. 1913 beschloss man per Landesausschuss die Regulierung des Melkflusses. Wieder verzögerten die beiden Weltkriege den Bau, ebenso die großen Hochwässer im Jahr 1982. Die drei geplanten Teilabschnitte wurden schließlich bis 1990 fertig gestellt.

Schleppend verlief auch die Elektrifizierung: Bereits 1905 wurde der Beschluss gefasst, allerdings aufgrund der Kriege erst im Laufe der 50er bzw. 60er Jahre des 20. Jahrhunderts umgesetzt. Im Zuge der Kanalisierung (1967 bis 1972) wurden die Freileitungen der Stromversorgung in die Erde verlegt. 1959 trat eine verheerende Flutkatastrophe entlang der Flüsse Melk und Mank auf, die drei Todesopfer forderte und mehrere Häuser und Wirtschaftsbetriebe komplett zerstörte. Am 10. Juli 1960 wurde anlässlich der 800-Jahr-Feier des Ortes das Marktwappen verliehen und zum Gedenken an die reichhaltige Geschichte des Marktes ein historischer Umzug abgehalten. 1990 erhielt St. Leonhard am Forst für völkerverbindende Aktivitäten vom Straßburger Europarat das Europa-Diplom verliehen und darf sich fortan „Europagemeinde“ nennen.