Ortsgeschichte
Die Marktgemeinde Traisen liegt am gleichnamigen Fluss südlich der Einmündung der Gölsen zwischen den Städten Wilhelmsburg und Lilienfeld. Ihr Ortsname dürfte sich vom keltischen Wort Tragisama (= „die sehr schnell laufende“ Traisen) ableiten.
Kelten besiedelten das Gebiet südlich der Donau bereits im ausgehenden 5. Jahrhundert v. Chr.
Für die Römerzeit ist anzunehmen, dass entlang der Traisen Eisenrohmaterial aus dem Mariazeller Land nach St. Pölten geführt und dort weiter verarbeitet wurde.
Vom 7. bis ins 8. Jahrhundert n. Chr. siedelten sich slawische Siedler, vom Süden kommend und von den Awaren vertrieben, im Oberen Traisental an. Ungarische Reitervölker fielen in das Gebiet ein, wurden aber nach der Schlacht auf dem Lechfeld (955) wieder hinter den Wienerwald zurückgedrängt. Unter den Babenbergern, im 10. und 11. Jahrhundert, wurde das Umland schließlich mit bayrischen und fränkischen Siedlern kolonisiert. Die älteste erhaltene Nennung des Flusses Traisen fällt in das Jahr 1083: Im Stiftungsbrief des Stiftes Göttweig, ausgestellt durch Bischof Altmann von Passau, findet sich die Formulierung in alia ripa Treisim.
Im 12. Jahrhundert dürfte an der Einmündung der Gölsen bereits ein kleines Dorf existiert haben, das eigentlich St. Johann an der Traisen hieß. Die südlich der Traisen gelegene Kirche war vermutlich eine herrschaftliche Pfarrgründung, die sich im 12. Jahrhundert aus der Pfarre St. Veit an der Gölsen löste. Die Stifte Göttweig und Lilienfeld waren die größten Grundbesitzer. Die dem Hl. Johannes der Täufer geweihte Kirche war eine Eigenpfarre der Herren von Hohenberg und diente bis etwa 1220 auch als Kirche für Lilienfeld. Lilienfeld wurde dann in die neuerrichtete Magdalenakirche eingepfarrt. Erst 1551 wurde die Pfarre Traisen dem Stift Lilienfeld unterstellt. Im Mittelalter soll es hier Weinbau gegeben haben.
An dem Bauernaufstand von 1596/97 beteiligten sich auch Bauern aus Traisen. Am 18. März 1597 sammelten sich 10.000 Aufständische vor dem Stift Lilienfeld, zu dessen Grundherrschaft auch Traisen zählte. Die Erstürmung des Klosters und Plünderungen folgten. Schließlich zogen die Bauern nach Wilhelmsburg und weiter nach St. Pölten, wo der Aufstand blutig niedergeschlagen wurde. Der zweite Einfall der Osmanen richtete schwere Schäden an. 1684 erfolgten der Wiederaufbau der Johanneskirche und ihre Barockisierung.
Schweickhardt beschrieb in seiner Darstellung des Erzherzogthums Österreich unter der Ens von 1837 Traisen als Dorf mit 29 Häusern, in denen 39 Familien lebten. Der Viehstand belief sich zu dieser Zeit auf 13 Pferde, 28 Ochsen, 67 Kühen, 43 Schafen und 55 Schweinen. Die Traisen betrieb einen Eisenhammer, zwei Gipsmühlen, zwei Mahlmühlen und zwei Brettersägen sowie eine Spindelfabrik. Ferner gab es im Ort 1 Wirtshaus, 1 Nagelschmied, 2 Leinweber und 2 Schneider. Aus dem eher unbedeutenden Ort Traisen entwickelte sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts ein wichtiger Industrieort. 1828 hatte der aus der Schweiz kommende Stahlfabrikant Georg Fischer die Winter’sche Hammerschmiede am westlichen Ufer der Traisen erworben. Sein Bruder Berthold Fischer baute diese 1844 zu einer Eisenguss- und Stahlwarenfabrik aus (Erzeugung von Temperguss). Um 1870 arbeiteten bereits rund 100 Beschäftigte in der Fabrik. Beflügelt wurde der Aufschwung durch den Anschluss an das Bahnnetz: 1877 wurde die Eisenbahnstrecke St. Pölten–Hainfeld, ein Jahr später Scheibmühl–Schrambach fertiggestellt. In der ausgebauten Eisenguss- und Stahlwarenfabrik wurde 1888 einer der ersten Siemens-Martin-Öfen Europas aufgestellt.
Für 1905 ist einer der größten Streiks (mit etwa 400 beteiligten Arbeitern) dokumentiert. Er dauerte 86 Tage. Die Werke der Umgebung (Holzschleiferei Reedlin Scheibmühl, Walzwerk Krupp und Zementwerke in Perlmoos) boten Arbeit für rund 160 Personen. Der wachsende Bedarf an Arbeitskräften führte zu einer Zuwanderung aus den Kronländern der österreichisch-ungarischen Monarchie. Aufgrund des Bevölkerungswachstums brachte der Gemeinderat 1926 einen Antrag auf Erhebung zum Markt ein, dem die Niederösterreichische Landesregierung stattgab. Während der letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs verlief die Front durch Traisen. Die andauernden Kämpfe richteten schwere Schäden an. Die Stahl- und Temperguß AG, die während der NS-Zeit Teil der Hermann-Göring-Werke war, wurde zu einem USIA-Betrieb. Nach 1955 wurde sie dem Alpine-Montan-Konzern angegliedert, ab 1973 der VOEST. 1990 erfolge die Teilung in die Firmen VOEST-Alpine, Stahl Traisen, Ges.m.b.H. und Fittings Traisen Ges.m.b.H.
Für die Gläubigen der Region wurden zwei Gotteshäuser errichtet: 1959 wurde für die evangelische Gemeinde die Auferstehungskirche nach Plänen von Sepp Schuster erbaut, die zur Pfarrgemeinde St. Aegyd am Neuwald gehört. In der Ortsmitte an der Mariazeller Straße erfolgte 1961/2 nach Plänen von Erwin Koch der Bau der Erlöserkirche (geweiht Jesus Christus, Erlöser der Welt). Der Hochaltar wurde vom akademischen Maler Robert Herfert aus St. Pölten entworfen und vom Bildhauer Franz Coufal aus Wien ausgeführt.
Mit Bescheid vom 9. Oktober 1979 verlieh die Niederösterreichische Landesregierung der Marktgemeinde ein Wappen: Im grünen Feld ein silberner nach links gewendeter Drachen. Die vom Gemeinderat festgesetzten Gemeindefarben Grün-Weiß wurden genehmigt.