Ortsgeschichte
Traismauer, am Eingang des Traisentales und am Rand des Tullnerfeldes gelegen, ist insbesondere durch Industrie und Gewerbe geprägt. Während der letzten Jahre etablierte sich die noch junge Stadt an der Traisen mit seinem historischen Ortskern und einem vielfältigen Kulturprogramm auch als attraktives Ausflugsziel speziell für Radtouristen, die Traismauer über den Donauradweg erreichen. Traismauer sind folgende Katastralgemeinden angeschlossen: Frauendorf, Gemeinlebarn, Hilpersdorf, Oberndorf am Gebirge, St. Georgen an der Traisen, Stollhofen, Wagram an der Traisen und Waldletzberg.
Der heutige Stadtkern von Traismauer erhebt sich über einem römischen Reiterlager, dem Kastell Augustiana, wo die Reiterschwadron Ala I Augusta Thracum stationiert war. Das Kastell bildete einen bedeutenden Stützpunkt entlang des Limes, die ältesten Baureste des Lagers stammen aus der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Wiener- oder Römertor und Reck- oder Hungerturm sind markante Zeugen der jüngeren Lagerbefestigung in Steinbauweise aus Ende des 3./ Anfang des 4. Jahrhunderts. Zahlreiche Fundstücke, darunter Tafelgeschirr (Terra sigillata), fanden sich insbesondere im Bereich der römischen Zivilsiedlung. Zuletzt wurde Augustiana im Zusammenhang mit der Stationierung dalmatinischer Reiter um 400 genannt.
In der Völkerwanderungszeit blieb die Siedlungskontinuität bestehen. Um 802 dürfte Grenzgraf Cadaloc, der im Kampf gegen die Awaren gefallen war, im Estrich des ehemaligen römischen Kommandogebäudes begraben worden sein. Das Grab des Mannes befindet sich heute in der Unterkirche der Pfarrkirche Traismauer.
Traismauer war Zentrum der karolingischen Grafschaft zwischen Enns und Wienerwald und bildete zudem mit der St. Martinskirche auch den geistlichen Mittelpunkt der Besitzungen des Erzstifts Salzburg an der Donau östlich der Enns: Um 830 wurde der aus dem Großmährischen Reich geflüchtete Slawenfürst Priwina in der Martinskirche durch Erzbischof Adalram von Salzburg getauft.
Jene dem Hl. Martin geweihte Kirche von Traismauer gehörte zu dem hiesigen Königshof an der Traisen, curtis ad Trigisimam. Diesen hatte das Erzstift Salzburg zunächst als Lehen inne, im Jahr 860 wurde der Königshof durch König Ludwig den Deutschen in das volle Eigentum Salzburgs übertragen. 977 bestätigte Kaiser Otto II. die Besitzansprüche Salzburgs und das auf Basis des so genannten Arnulfinums, einer vermeintlich von Kaiser Arnulf ausgestellten Besitzbestätigungsurkunde, die freilich kurz vor 977 von der erzbischöflichen Kanzlei gefälscht und auf das Jahr 885 datiert worden war. Diese Urkundenfälschung ist auch im Zusammenhang mit der Machtausdehnung des Bistums Passau östlich der Enns zu sehen. Seit den 70er-Jahren des 10. Jahrhunderts schwand Salzburgs politische und wirtschaftliche Position an der Donau, das Hochstift Passau trat kirchenpolitisch in den Vordergrund und begann ein geschlossenes Netzwerk von Pfarren beiderseits der Donau zu schaffen. Die St. Martinskirche in Traismauer wurde der 1014 gegründeten passauischen Pfarre Herzogenburg unterstellt. Kirchliches Zentrum der Salzburger Herrschaft Traismauer wurde im 12. Jahrhundert die passauische Pfarre Traisenburg, St. Martin verlor alle Pfarrechte.
Die Pfarren Herzogenburg und Traisenburg (Letztere wurde um 1180 aufgrund häufiger Überschwemmungen landeinwärts verlegt und in Pfarrkirchen umbenannt, die Pfarrechte blieben erhalten.) waren zu Zehentleistungen gegenüber dem am Zusammenfluss der Traisen mit der Donau gelegenen Augustiner-Chorherrenstift St. Georgen verpflichtet, einer Gründung Bischofs Ulrichs I. von Passau vor 1112. Als der salzburgische Benefiziat von Traismauer Rüdiger 1180 Pfarrechte für Traismauer einforderte, entbrannte ein mehrjähriger Zehenstreit mit St. Georgen bzw. Passau, der schließlich 1193 mit einem Vergleich endete: Die Zehentansprüche Traismauers wurden teilweise berücksichtigt, die Funktion einer Tauf- und Pfarrkirche wurde aber Pfarrkirchen (ehemals Traisenburg) zuerkannt.
1198 wurde Traismauer mit Kirche und Gut dem Salzburger Domkapitel übertragen, 1345 erfolgte die Inkorporation der Pfarre Traismauer, deren um 1293 neu erbaute Kirche dem Salzburger Kirchenpatron St. Rupert geweiht worden war.
Die Salzburger Erzbischöfe achteten in der Folgezeit auf eine günstige Entwicklung des Ortes Traismauer. Auf Ansuchen Erzbischofs Sigismunds I. wurde Traismauer 1458 durch Kaiser Friedrich III. das Marktprivileg und damit das Recht verliehen, am Samstag einen Wochenmarkt abzuhalten. Sigismund bemühte sich beim Kaiser weiters um die Bestätigung der Salzniederlage, die 1459 erfolgte. Das Salz wurde in Transportschiffen über die Donau nach Traismauer gebracht und in einem Depot gelagert. Erzbischof Leonhard bewilligte 1517 einen Jahrmarkt (Kantatemarkt), der am Montag nach dem Sonntag Kantate, dem 4. Sonntag nach Ostern, stattfinden sollte (Ein zweiter Jahrmarkt am St. Nikolaustag wurde 1623 von Kaiser Ferdinand II. gewährt.). Ebenfalls 1517 wurde dem Markt Traismauer durch Erzbischof Leonhard ein Wappen verliehen, das einen weißen Turm vor rotem Hintergrund auf einem grünen Hügel an einem Fluss stehend zeigt. Am 20. November 1591 übergab Erzbischof Wolfdietrich Marktrichter und Rat von Traismauer für 12 Jahre das Malefiz- und Halsgericht, nachdem bereits am 27. Juni desselben Jahres Kaiser Rudolf II. dem Traismaurer Marktrichter Abraham Mänzl das Landgericht zunächst für ein Jahr zuerkannt hatte. Erst 1657 übernahm wieder die Herrschaft Traismauer die Verwaltung des Landgerichts, bis es dann 1848 in das Bezirksgericht Herzogenburg eingegliedert wurde.
Nach der Eroberung Traismauers durch ungarische Truppen im Jahr 1483 hatte Erzbischof Leonhard den Ausbau der Befestigung von Ort und Schloss Traismauer veranlasst, mit dem Ergebnis, dass Traismauer sowohl 1529 als auch 1683 für die Osmanen uneinnehmbar war und zu einem sicheren Zufluchtsort für die Bewohner ungeschützter Dörfer wurde.
In den 50er-Jahren des 16. Jahrhunderts erreichte reformatorisches Gedankengut Traismauer, Teile der Bevölkerung wandten sich dem Protestantismus zu, und die Pfarrgemeinde befand sich nun auf Jahrzehnte in einem Zustand der inneren Unruhe. Der spätere Kardinal und Bischof von Wien Melchior Klesl war seit 1580 als Passauer Offizial für die Rekatholisierung Niederösterreichs zuständig und setzte auch in Traismauer gegenreformatorische Schritte: Er kümmerte sich persönlich um die Absetzung des dem Protestantismus zuneigenden Pfarrers, bestimmte einen katholischen Nachfolger seines Vertrauens, nahm 1593 einen neuerlichen Pfarrerwechsel vor und ermahnte in einem Brief an Richter und Rat von Traismauer eindringlich zum katholischen Glauben. In den folgenden Jahren konzentrierte sich der Protestantismus vor allem auf die Umlandgemeinden von Traismauer.
Zeiten großer Not durchlebte Traismauer während des Dreißigjährigen Krieges: Zahlreiche Soldateneinquartierungen, Proviantlieferungen, Kriegskontributionszahlungen sowie die Versorgung von Flüchtlingen belasteten den Markt schwer. Zudem wurde das Pfarrgebiet Traismauer 1645/46 von einer Pestepidemie heimgesucht, die mehr als 100 Todesopfer forderte.
Trotz wirtschaftlicher Rückschläge infolge von Kriegen, Bränden, Überschwemmungen und Pest positionierte sich Traismauer in der frühen Neuzeit als Gewerbestandort (Binder-, Schneider-, Weber- und Schuhmacherinnung) und insbesondere seit dem 19. Jahrhundert als Industriestandort. Neben der seit dem 15. Jahrhundert für Traismauer prägenden Mühlenindustrie (Müllerordnung von 1492), gewannen im 19. und 20. Jahrhundert Stahlverarbeitende-, Textil- und Elektroindustrie sowie die Erzeugung von Metallpulvern und Metallpigmenten (Benda-Lutz Werke) an Bedeutung. Acker- und Weinbau spielten im 19. Jahrhundert noch eine große Rolle, im Verlauf des 20. Jahrhunderts reduzierte sich jedoch die Anzahl der in der Landwirtschaft Beschäftigten deutlich.
Im Jahre 1803 kam die Herrschaft Traismauer durch Säkularisation an die Staatsgüterverwaltung. 1825 wurde die Herrschaft mit dem Pfarrpatronat an Johann Jakob Freiherr von Geymüller verkauft, die Ablöse des Patronats von der Familie Geymüller erfolgte 1952.
1958 wurde Traismauer zur Stadt erhoben, 13 Jahre nach Ende des 2. Weltkrieges. Lagen Teile Traismauers infolge eines Bombenangriffes 1944 und nach Kampfhandlungen 1945 noch in Trümmern, so präsentierte sich die Stadt Traismauer 1958 als aufstrebende Gemeinde. Umfangreiche infrastrukturelle Maßnahmen ließen Traismauer seither zu einem Zentrum der Wirtschaft, Bildung und Kultur reifen – zu einer modernen Stadt mit Traditionsbewusstsein. So wird etwa das von Ferdinand Scheibl um 1810 begründete Traismaurer Krippenspiel noch heute in der Adventzeit zur Aufführung gebracht.