Ortsgeschichte
Waidhofen an der Ybbs ist seit Jahrhunderten Zentrum des Ybbstals und wird wegen seines malerischen, von Wehrmauern, Türmen und Toren geprägten mittelalterlichen Stadtbilds auch als „österreichisches Rothenburg" bezeichnet. Die Stadt war seit ihren Anfängen im 12. Jahrhundert bis 1803 im Besitz des bayerischen Bistums Freising, weshalb sie zur Unterscheidung von Waidhofen an der Thaya gelegentlich auch Bayrisch-Waidhofen genannt wurde.
Die Siedlung entstand um einen Waidhof des Bischofs, einen Jagd- oder Wirtschaftshof auf dem Felszwickel zwischen Ybbs und Schwarzbach. Im 13. Jahrhundert wurde sie zu einer dreieckigen Befestigungsanlage ausgebaut, die zunächst den zu einer Burg umgebauten Waidhof, den Oberen Stadtplatz und den Hohen Markt umfasste. Noch Ende des Jahrhunderts wurde die „Unterstadt", der heutige Untere Stadtplatz, und um 1400 der Bereich des Alten Spitals in den Befestigungsring einbezogen. Die Stadt hatte drei Tore und 13 Türme und wird erstmals in den 70er-Jahren des 13. Jahrhunderts als „Stadt" bezeichnet. Schon damals wurde die Eisenerzeugung gerühmt, so lobte auch der Minnesänger Neidhart von Reuenthal die Qualität hiesiger Klingen. Der auf dem Ybbstor angebrachte Spruch ferrum chalybsque urbis nutrimenta, „Eisen und Stahl ernähren die Stadt", galt schon für das Mittelalter. Gegen Lieferung von Proviant bezog man vom Erzberg Roheisen (das so genannte „Provianteisen"), das in den immer zahlreicher werdenden Hammerschmieden und Werkstätten der Klingen-, Messer-, Zirkel- und Bohrerschmiede weiterverarbeitet wurde. Im 15. Jahrhundert schlossen sich die Städte und Märkte an der Ybbs mit Waidhofen an der Spitze zu einem Verband zusammen.
Das 16. Jahrhundert brachte allerdings Rückschläge und Belastungen. Im Eisenhandel wurde die landesfürstliche Stadt Steyr zur größten Konkurrentin, in Niederösterreich übernahmen die Orte Scheibbs, Purgstall und Gresten die Vorherrschaft in der „Widmung", dem Verband niederösterreichischer Proviantmärkte. Mehrmals mussten die Osmanen abgewehrt werden. Der mächtige Stadtturm erinnert an eines der wichtigsten Ereignisse der Stadtgeschichte, den Sieg über die osmanischen Streifscharen, die gefürchteten Akindschi, im Jahr 1532. Die Reformation spaltete die Bürgerschaft in zwei Parteien und führte zu Konflikten mit dem bischöflichen Stadtherrn. Die Absetzung des evangelischen Stadtrats im Jahr 1587 veranlasste viele protestantische Bürger auszuwandern. 1608 sollen von 270 Häusern kaum noch 70 bewohnt gewesen sein. Im Zuge der Rekatholisierung, als deren Vorkämpfer Pfarrer Johann Bernhard Pocksteiner (1651-1685) gilt, wurden für die Seelsorge die Kapuziner nach Waidhofen berufen und die Stadt barockisiert.
Das 19. Jahrhundert begann mit der Besetzung durch die Franzosen (1800/1801, 1805, 1809) und brachte den endgültigen Niedergang der Kleineisenindustrie. Von 1850 bis 1869 war Waidhofen Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und erhielt am 6. Februar 1869 ein eigenes Statut. Waidhofen wurde damit eine der vier Statutarstädte des Landes mit eigenem Stadtrecht und autonomer Verwaltung.
Die verbesserten Verkehrsverbindungen durch die Bahn - Kronprinz-Rudolf-Bahn (1872-1879), Ybbstalbahn (1896-1898) - erschlossen neue Wirtschaftsquellen, vor allem den Fremdenverkehr. Die Sommerfrische wurde zu einer bedeutenden Einnahmequelle. Im 20. Jahrhundert konnte Waidhofen seine traditionsreiche Zentralstellung im Ybbstal als Handels- und Gewerbezentrum, Verwaltungsmittelpunkt, Schulstadt sowie Kultur- und Sportzentrum weiter ausbauen. Seit 1972 bilden die Gemeinden Waidhofen-Land, Zell an der Ybbs, Windhag und St. Leonhard zusammen mit der Stadtgemeinde die Großgemeinde Waidhofen an der Ybbs mit insgesamt rund 11.500 Einwohnern.