Ortsgeschichte
Die 800 Jahre alte Kuenringerstadt Weitra entstand zu Beginn des 13. Jahrhunderts unter Hadmar II. von Kuenring. Er verlegte zwischen 1201 und 1208 die um die Mitte des 12. Jahrhunderts angelegte Altsiedlung (Altweitra) - zwischen 1182 und 1190 erstmals als Zollstätte genannt - aus der Ebene auf den zwei Kilometer entfernten Granitrücken und ließ dort eine Burg und Burgstadt anlegen.
Der Name „Weitra" ist nicht eindeutig geklärt, er könnte aus dem Mittelhochdeutschen (breiter Bach) oder aus dem Slawischen (gewundener Bach) kommen. Nach der Legende soll er aus „Veits Rache" (= Veitrach, Weitra) entstanden sein und bezieht sich auf den sagenumwobenen Sieg des Fürsten Veit Orsini von Rosenburg im Jahr 628 über heidnische Heere.
Die neue Burgstadt wurde planmäßig mit einem großen Dreiecksplatz angelegt und war vermutlich von Anfang an mit Mauern befestigt, was bei Neugründungen ungewöhnlich war und auf die militärische Bedeutung als Grenzfestung hinweist. Die großteils erhaltene Stadtmauer folgte dem natürlichen Verlauf des Felsenrandes, verstärkt durch die Burg und die neue, wehrhafte Pfarrkirche Petrus und Paulus, auf die die Pfarrrechte der Peterskirche der Altsiedlung übertragen wurden. Weitra wurde zu einem bedeutenden strategischen Mittelpunkt des Hoheitsgebietes districtus Witrensis, in dem die Kuenringer uneingeschränkt die Hoheitsrechte ausübten.
Unter Hadmars Söhnen Hadmar III. und Heinrich III., den „Hunden" von Kuenring, war Weitra einer ihrer Hauptstützpunkte im Aufstand gegen Herzog Friedrich II. 1230/1231. In der Folgezeit kam es zur Linientrennung der Kuenringer. Weitra wurde Herrschaftszentrum der Linie Kuenring-Weitra, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zu den Parteigängern König Ottokars II. von Böhmen gehörte. Nach dem Sieg König Rudolfs von Habsburg über Ottokar II. 1278 fiel Weitra zunächst vorübergehend an die neuen habsburgischen Landesfürsten, endgültig dann nach dem Aufstand von 1295/1296 unter führender Beteiligung Leutolds I. von Kuenring (1243-1312).
Die Herrschaft Weitra blieb nun bis 1581 im Besitz des Landesfürsten und wurde von landesfürstlichen Pflegern verwaltet oder an die mächtigsten Adelsgeschlechter des Landes verpfändet, darunter die Wallseer, die Grafen von Öttingen, die Grafen von Schaunberg, die Maissauer, Sternberger, Prueschenk-Hardegg, Breuner und die Greiß.
Schon im 13. Jahrhundert entwickelte sich Weitra zu einem „Städtchen", wie der Ort in der Zwettler Bärenhaut kurz nach 1300 bezeichnet wird. Die rechtliche Entwicklung zu einer Bürgergemeinde vollzog sich im Laufe des 14. Jahrhunderts: 1312 wird ein Stadtrichter genannt, 1341 der Stadtrat, 1340 das Stadtsiegel und 1397 ein Bürgermeister. Aus dem Jahr 1321 stammt das älteste bekannte Stadtrecht mit vor allem wirtschaftlichen Bestimmungen. So sollte die bisher im Tal des Weiherbaches verlaufende Landstraße durch die Stadt führen; an ihr entstand bald eine Vorstadt.
Im Spätmittelalter wurde die als Grenzfestung bedeutende Stadt von den Landesfürsten durch Jahrmärkte und Wirtschaftsprivilegien gefördert. Von größter Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung war das 1360 im Zusammenhang mit einem Jahrmarktsprivileg Rudolfs IV. verliehene(Monopol-)Recht des Bierbrauens. Die Bierbrauerei bildete bis weit in die Neuzeit einen der einträglichsten Erwerbszweige der Bürger. In der Hochblüte besaßen über 30 Bürger die so genannte „Braugerechtigkeit". Weitra galt als das „Mekka" der österreichischen Bierbraukunst. Die Brauzunft soll die älteste in Österreich gewesen sein, bei der sogar die Bierbrauer aus Wien ihre Meisterprüfung ablegen mussten.
Neben der Bierbrauerei hatte der Handel, vor allem mit Salz, große Bedeutung. Ihren wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Höhepunkt erreichte Weitra in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, während die folgenden Jahrhunderte von einem Wechsel zwischen Konjunktur und Depression gekennzeichnet waren. Bis zum Ende des Mittelalters war Weitra im Landtag vertreten und dürfte um 1500 ausgeschieden sein. Mit dem Verlust dieses Rechts begann auch der Kampf um die Rechte der Stadt gegen die jeweiligen Herrschaftsinhaber, gegen die sich die Bürger allerdings nicht behaupten konnten. Vom damaligen bürgerlichen Selbstbewusstsein zeugt das prachtvolle Sgraffitohaus aus der Renaissancezeit (Rathausplatz 4), von der Dominanz des Stadtherrn das die Stadtanlage beherrschende Renaissanceschloss.
Bauherr war der kaiserliche Oberstkämmerer Wolf Rumpf, der Stadt und Herrschaft Weitra seit 1581 zunächst als Lehen Kaiser Rudolfs II. und seit 1592 als freies Eigen besaß. Er ließ das Schloss anstelle der alten Kuenringerburg nach den Plänen des kaiserlichen Baumeisters Pietro Ferrabosco neu erbauen (1590-1606). Durch die Ehe seiner Witwe mit Graf Friedrich V. zu Fürstenberg-Heiligenburg fiel die Herrschaft an die Grafen, später Fürsten von Fürstenberg (seit 1755 Linie Fürstenberg-Weitra). Sie sind bis heute Eigentümer des Schlosses und zugehörigen Besitzes. Als Schauplatz der Niederösterreichischen Landesausstellung 1994 wurde das Schloss generalsaniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Der Renaissance-Arkadenhof bildet heute das stimmungsvolle Ambiente für Veranstaltungen; das Schlossmuseum ist der Geschichte der Stadt gewidmet.
Auf Grund ihrer Grenzlage hatte die Stadt immer wieder unter den überregionalen kriegerischen Auseinandersetzungen zu leiden und wurde mehrfach belagert, darunter von den Hussiten (1426), im Bauernkrieg 1596 und mehrmals im Dreißigjährigen Krieg. Sie konnte allerdings den Angriffen des Grafen Mansfeld (1620) sowie der Kroaten (1634) und Schweden (1645) erfolgreich Widerstand leisten. 1741 wurde die Stadt kurzfristig von Bayern und Franzosen besetzt, zu Beginn des 19. Jahrhunderts brachten die Napoleonischen Kriege schwere Belastungen, im 20. Jahrhundert beide Weltkriege.
Weitra behielt jahrhundertelang den Charakter einer Ackerbürgerstadt mit nur wenig Gewerbe und Industrie. Mit dem Decret des niederösterreichischen Landeschefs vom 7. Juli 1849 über die Durchführung der Gerichtsorganisation wurde der Gerichtsbezirk Weitra eingerichtet. Der Gerichtsbezirk wurde am 1. Jänner 1992 aufgelöst und dem Gerichtsbezirk Gmünd in Niederösterreich zugewiesen. Eine bedeutende Textilfabrik entstand im 19. Jahrhundert außerhalb der Stadt. 1990 wurde dort das „Museum Alte Textilfabrik" eingerichtet, das Einblick in die Waldviertler Textilproduktion sowie in Alltag und Lebenswelt der Fabriksarbeit um 1900 gibt. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Tourismus zu einem wichtigen Wirtschaftszweig der Stadt, deren Angebot historische Sehenswürdigkeiten, Naturerlebnis und - in Verbindung mit dem Moorheilbad Harbach - Gesundheitsvorsorge sowie alte Braukunst umfasst. In Österreichs kleinster Gasthausbrauerei wird das berühmte Hausbier bis heute nach alter Tradition hergestellt.
In den Ortschaften rund um die Stadt befinden sich überaus bemerkenswerte mittelalterliche Kirchenbauten: in der einstigen Altsiedlung Altweitra (3 km nördlich, Gem. Unserfrau-Altweitra) eine um 1220 erbaute romanische Wehrkirche mit einer geschnitzten Madonna aus dem frühen 14. Jahrhundert (um 1330), in St. Wolfgang (4 km südlich, Gem. Weitra) eine imposante gotische Wallfahrtskirche, die 1407 erbaut wurde, und in Spital (4 km südöstlich, Gem. Weitra) eine romanisch-gotische Kirche mit Fresken aus dem 14. Jahrhundert.