Leopold Figl


*2.10.1902 bis †9.5.1965

Biographie

Leopold Figl ist wohl Österreichs populärster Politiker und eine der prägnantesten Figuren der Zeitgeschichte. Er besuchte das Gymnasium in St. Pölten und studierte Agrarwissenschaft. Von 1934 bis 1938 war der Agraringenieur Direktor des niederösterreichischen Bauernbundes und übernahm damit eine zentrale Funktion im Ständestaat. 1938 wurde er wegen seines Widerstands gegen den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich ins KZ gebracht und war bis 1943 und dann wieder 1944 bis 1945 inhaftiert (KZ Dachau, Mauthausen). 1943 schloss er sich einer Widerstandsbewegung an, in den letzten Kriegswochen wurde er sogar zum Tod verurteilt. Im April 1945 war Figl Mitbegründer und bis 1951 erster Obmann der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) und wurde niederösterreichischer Landeshauptmann (25. April 1945 bis 15. Oktober 1945). In den ersten Monaten der Zweiten Republik war Figl zunächst Vizekanzler in der Regierung Renner sowie Mitglied des Nationalrates und wurde nach den Wahlen des Jahres 1945 Bundeskanzler. Er blieb fast acht Jahre Kanzler (bis 2. April 1953), dann war er bis 1959 Außenminister. In beiden Ämtern wirkte er auf die Konsolidierung der neuen Republik und auf ihre internationale Anerkennung hin. 1955 kam unter seiner maßgeblichen Beteiligung der Österreichische Staatsvertrag zustande, der die volle Souveränität Österreichs wiederherstellte. Von 1959 bis 1962 war Figl Präsident des Nationalrates. Nach dem Tod des Landeshauptmanns Johann Steinböck am 31. Jänner 1962 wurde Figl auf Ersuchen des Bauernbundes einstimmig - auch mit den Stimmen der SPÖ - zum Landeshauptmann bestellt. Seine letzten Lebensjahre widmet er voll und ganz Niederösterreich. Er war von Anfang an ein Landeshauptmann "zum Anfassen" und wurde - wie sein Namenspatron - zum überaus populären und beliebten "Landesvater", der von seinen Landsleuten liebevoll "Poldl" genannt wurde. Er war viel unterwegs und kam zu großen und kleinen Festen. So fungierte er im "Drillingsjahr" 1963 viermal als Pate. Ein Jahr zuvor war er Gastgeber des niederländischen Königspaares, Königin Juliane und Prinz Bernhard, die er nach Ybbs-Persenbeug und in die Wachau führte. Während seiner kurzen Amtsperiode wurden mehrere zukunftsweisende Entscheidungen getroffen. Als dritte Landesgesellschaft neben NEOWAG und NIOGAS wurde für die Wasserversorgung die NÖSIWAG geschaffen. 1963 waren alle geschlossenen Siedlungen in Niederösterreich an das Stromnetz angeschlossen. Es gelang die Gemeindestrukturreform, die eine Zusammenlegung von Klein- und Kleinstgemeinden zum Ziel hatte, und der Beginn der Schul- und Bildungsreform im Grundschulbereich, die gegenüber den bisherigen "Zwergschulen" vor Ort dem besseren Bildungsweg bei größerer Entfernung den Vorzug gab, was eine neue Schulorganisation erforderte. Das Wirksamwerden der Reformen erlebte Figl nicht mehr. Er starb in Wien und wurde am 14. Mai 1965, einen Tag vor der Feier des Staatsvertragsjubiläums, unter großer Anteilnahme in einem Ehrengrab am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.