Leopold von Wien


*1340 bis †~1400

Biographie

Leopold von Wien, der Verfasser des unter dem Titel "Chronik der 95 Herrschaften" bekannten Geschichtswerkes, wurde in Österreich oder der Steiermark geboren und war Augustiner-Eremit in Wien. Er studierte in Paris und war ab 1377 zunächst Lektor und dann Prior des Wiener Klosters. Ab 1384 lehrte er an der neu errichteten theologischen Fakultät in Wien, wofür er auf Bitte Herzog Albrechts III. vom Papst eine Pfründe ohne Seelsorge als Bezahlung erhielt. Er war auch Hofkaplan und als Übersetzer für Herzog Albrecht tätig.

Die bedeutendste seiner Schriften, vor allem Übersetzungen aus dem Lateinischen, ist eine Chronik, die 1380 bis 1394 entstand und das umfangreichste österreichische Geschichtswerk der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts darstellt. Es ist in deutscher Prosa verfasst und in fünf Bücher eingeteilt. Die österreichische Geschichte wird von einer sagenhaften Urgeschichte bis zu Herzog Albrecht III. in Form von 95 Herrschaften beschrieben, wobei den größten Raum eine erfundene Fabelfürstenreihe einnimmt (81 Herrschaften), erst mit der 82. Herrschaft beginnen die Babenberger. Diese fantastische Chronik wurde im Spätmittelalter zur "Landeschronik" und ist Ausdruck eines politisch-dynastischen Herrschafts- und Selbstverständnisses der Habsburger und des Landes, dessen Geschichte als Herrschaftsgeschichte eines Fürstenhauses erzählt wird und sich aus einer weit zurückreichenden, heroischen Vergangenheit legitimiert.

Leopolds Chronik war auf der "Höhe" seiner Zeit - vergleichbare Darstellungen finden sich auch bei anderen Fürstenhäusern Europas -- und daher sehr erfolgreich. Sie wurde sehr geschätzt, war weit verbreitet und wurde auch ins Lateinische übersetzt, unter anderem von Thomas Ebendorfer, der sie für seine eigene "Cronica Austriae" verwendete. Die genaue Beschreibung der Wappen hatte zahlreiche illustrierte Ausgaben zur Folge, in monumentalster Form an der Außenwand der Georgskirche in Wiener Neustadt unter Kaiser Friedrich III. (datiert 1453). Es gab aber auch Spott und Hohn für diese Form der Geschichtsschreibung, so vom Humanisten Enea Silvio Piccolomini Mitte des 15. Jahrhunderts, und Ende des Jahrhunderts wurden die Fabeln im Kreise um Maximilian I. endgültig abgelehnt. Die heute in der Literatur übliche Bezeichnung "Chronik der 95 Herrschaften" erhielt das Werk erst von seinem Herausgeber Seemüller, im 15. Jahrhundert wurde es als "Chronica patrie", Landeschronik, bezeichnet.

Lange Zeit wurde Leopold von Wien mit dem 1378/1379 an der Wiener Universität immatrikulierten Leutold Stainreuter identifiziert, der in der älteren Literatur daher auch als Verfasser der Chronik genannt wird.