Enea Silvio Piccolomini (Papst Pius II.)


*18.10.1405 bis †15.8.1464

Biographie

Der Humanist Enea Silvio (Aeneas Silvius) Piccolomini, als Papst Pius II. (1458-1464), gehört zu den interessantesten Persönlichkeiten des 15. Jahrhunderts, in denen der Geist der Frührenaissance besonders lebendig greifbar wird. Obwohl körperlich klein und zierlich, von schwacher Konstitution und früh gealtert, besaß er ungeheuren Elan und physische Zähigkeit. Er war Dichter, Geschichtsschreiber, Politiker und Kirchenfürst und verbrachte als Sekretär, Rat und Gesandter Kaiser Friedrichs III. mehrere Jahre an dessen Hof in Wien und Wiener Neustadt.

Geboren wurde er in Corsignano bei Siena in der Toskana, das er als Papst zur "Pius-Stadt" Pienza umbenannte und umgestaltete. Er stammte aus einer alten, verarmten Adels- und Kaufmannsfamilie und wurde durch seine Studien in Siena und Florenz zu einem hervorragenden Humanisten seiner Zeit. Als Sekretär von Kardinal Capranica nahm er am Basler Konzil (1431-1449) teil, wo er die Großen aus Kirche und Reich kennen lernte und zu den überzeugten Vertretern der antirömischen Linie und des Konziliarismus gehörte. Er wurde zum Sekretär des Gegenpapstes Felix V. und von der Synode mit wichtigen Aufgaben betraut.

Als Dichter verfasste er für die Veröffentlichung bestimmte Briefe und Liebesnovellen. Auf dem Reichstag zu Frankfurt 1442 krönte ihn König Friedrich III. (seit 1452 Kaiser) zum Dichterfürsten und nahm ihn als Sekretär in seine Kanzlei auf. Zu seinen Einkunftsquellen gehörte in den folgenden Jahren auch die Pfarre Laa an der Thaya. Piccolomini machte eine überaus steile Karriere, war als Rat und Gesandter Friedrichs III. vor allem im diplomatischen Dienst tätig und wurde bald nach seiner Ausssöhnung mit Rom und der Priesterweihe Bischof von Triest (1447), von Siena (1450), päpstlicher Legat, Kardinal (1456) und am 19. August 1458 Papst.

Zeitgleich mit seiner Karriere am Hof und in der Kirche erfolgte sein "Sinneswandel". Er distanzierte sich von seinen früheren Schriften, wandte sich vom Konziliarismus ab und trat für eine Annäherung an Rom ein. Unter seiner Beteiligung gelang 1448 der Abschluss des bis 1803 geltenden Wiener Konkordats zwischen Friedrich III. - namens der deutschen Nation - und Papst Nikolaus V. Er vertrat das Prinzip der monarchischen Gewalt in Staat und Kirche und hatte nicht unwesentlichen Einfluss auf die Auffassung Friedrichs III. von der Würde des römischen Kaisers.

In seiner Retraktationsbulle 1463 ("In minoribus agentes") distanzierte er sich öffentlich von allem früher Gesagten: "Verwerft Enea, haltet Euch an Pius." Vorrangiges Ziel seines Pontifikats war ein Kreuzzug gegen die Osmanen, die 1453 Konstantinopel erobert hatten, doch scheiterte der erfahrene Diplomat und brillante Rhetoriker an den den widerstreitenden Interessen der europäischen Politik. Nachdem der dazu abgehaltene Kongress in Mantua 1459 erfolglos geblieben war, verbot er - möglicherweise zur Vermeidung von Widerständen gegen den Kreuzzug - mit der Bulle "Execrabilis" die Appellation an ein allgemeines Konzil und setzte damit einen eindeutigen Endpunkt in der Entwicklung des Konziliarismus. Sein Pontifikat stand am Beginn der restaurativen Phase des Papsttums, das sich nach den Krisen der ersten Hälfte des Jahrhunderts zwar konsolidierte, gleichzeitig aber zunehmend auf den Kirchenstaat zurückziehen musste.

Piccolominis breite schriftstellerische Tätigkeit umfasst Briefe, Traktate, geschichtliche, politische und kirchenpolitische Werke. Sie zeigen eine überlegte Selbstdarstellung vor der Mitwelt, genaue Beobachtungsgabe für Land und Leute, die Benützung von Quellen, Eleganz und Wissenschaftlichkeit, bewusste Subjektivität und auch bissigen Spott und Hohn. Enea Silvio argumentierte politisch und historisch, nicht dogmatisch und juristisch, verstand sich als "Philosoph" (heute "Generalist"), der alle Dinge im Blick hat, während er die Dogmatik und Enge der Jurisprudenz ablehnte. Seine Briefe sollten unterhalten - vor allem jene mit amourösen Abenteuern - oder belehren, wie die Erziehungstraktate für die jungen Herzöge Sigismund und Ladislaus. Ihre angenehme, leichte Form trug wesentlich zur Rezeption der neuen humanistischen Bildung in Österreich bei.

Zu den vor allem für den österreichischen Raum bedeutendsten Werken gehört seine berühmte - und überaus kritische - "Beschreibung Wiens" sowie die Geschichte Österreichs ("Historia Austrialis"), meist unter dem Titel "Historia Friderici III. imperatoris" (Geschichte Kaiser Friedrichs III.) bekannt, die für die Jahre 1451 bis 1453 konzentrierte Zeitgeschichte bietet. Berühmt wurden seine als Papst verfassten "Commentarii", die einzige überlieferte Selbstdarstellung eines Papstes mit schonungsloser Darstellung der Kardinäle und des Hoflebens. Zahlreiche Episoden wurden wegen ihrer Offenheit in der Edition des 16. Jahrhunderts von der Kirche herausgestrichen, darunter der Konklavebericht. Weiters schrieb er auch eine böhmische Geschichte ("Historia Bohemica"), eine Geschichte der Goten ("Historia Gothorum") und arbeitete an einer Beschreibung Europas ("In Europam").