Roland Rainer


*1.5.1910 bis †8.4.2004

Biographie

Roland Rainer zählt zu den größten österreichischen Architekten und war der Doyen der österreichischen Architektur. Er plädierte für "direkte" Architektur, die der Funktion diente, sowie für menschengerechten Wohnbau. In seinen zahlreichen Publikationen entwickelte er eine zusammenhängende Lehre vom Einzelhaus bis zum Städtebau. Für den Wohnbau propagierte er naturnahes Wohnen im verdichteten Flachbau, für öffentliche Bauten verwendete er eine expressiv-konstruktive Sprache als Ausdruck demokratischer Repräsentation. In über 50 Jahren schuf er sehr unterschiedliche Bauwerke: Bürogebäude, Schulen, Kindergärten, Bäder, Kirchen, große Mehrzweckhallen und Arenen, Fabriksgebäude, Hotels sowie Wohn- und Siedlungsbauten, darunter in Niederösterreich die Flachbausiedlung in Mannersdorf, die Gartensiedlung in St. Pölten und die Stadthalle in Ternitz. Zu seinen Hauptwerken zählen die 1954 bis 1958 erbaute Wiener Stadthalle, das ORF-Zentrum am Küniglberg und die Gartenstadt in Puchenau bei Linz.

Rainer wurde in Klagenfurt geboren und studierte von 1928 bis 1933 an der Technischen Hochschule in Wien. Im Jahr 1937 ging er nach Berlin an die Deutsche Akademie für Städtebau und kehrte nach dem Kriegsdienst 1945 nach Österreich zurück. In den 1950er Jahren unterrichtete er an den Technischen Hochschulen in Hannover und Graz, von 1956 bis 1980 war er Leiter einer Meisterklasse für Architektur an der Akademie der bildenden Künste in Wien (1960-1962 auch Rektor). 1958 erfolgte die Berufung zum Stadtplaner von Wien. Während seiner fünfjährigen Tätigkeit leistete er einen wesentlichen Beitrag zur Stadtentwicklung. Sein Entwicklungsplan zählte zu den fortschrittlichsten in Europa und sollte in Grundzügen verwirklicht werden (Donauinsel, neue Stadtzentren).

In der Folgezeit baute er das ORF-Zentrum und ab 1963 die Gartenstadt Puchenau bei Linz, mit der er ein bis heute gültiges Modell des verdichteten Flachbaus schuf (niedrige Verbauung in Terrassen, abgeschlossene Gartenbereiche), das Ökologie, menschengerechte Architektur und kommunikatives Leben verbindet. Weitere Siedlungen sollten folgen, darunter die Gartensiedlung in St. Pölten. In seinen Publikationen wandte sich Rainer gegen menschenferne Wohnkonzepte, Umweltzerstörung und rein dekorative Architektur. Er galt als Humanist unter den Architekten, dessen Planung stets mit gesellschaftlichen Analysen und den Lebensvorstellungen der Menschen verbunden war. Unter seinen zahlreichen Bauten kommt seiner Wohnbauarchitektur wahrscheinlich die allergrößte Bedeutung zu.

1980 wurde Roland Rainer Präsident des österreichischen Kunstsenats. Der mehrfach ausgezeichnete Architekt - 1962 Großer Österreichischer Staatspreis, 1979 Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst - erhielt zahlreiche Ehrendoktorate im In- und Ausland und war als Lehrer und Vorbild mehrerer Architektengenerationen eine zentrale Figur der österreichischen und europäischen Architektur. Er starb 2004 kurz vor seinem 94. Geburtstag. Vier Jahre zuvor durfte er noch die Restaurierung der Halle E der Wiener Stadthalle erleben. Die Halle F wurde vom Architektenduo Much Untertrifaller und Helmut Dietrich in der Tradition Rainers erweitert.