Kronprinz Rudolf


*21.8.1858 bis †30.1.1889

Biographie

Das Leben des Kronprinzen ist überschattet von der "Tragödie von Mayerling". Am Morgen des 30. Jänner 1889 fand man ihn und die knapp 18-jährige Mary Freiin von Vetsera erschossen im Jagdschloss Mayerling - ein Skandal für das Kaiserhaus, denn als Mörder und Selbstmörder war der Erzherzog-Thronfolger nach katholischer Tradition zutiefst schuldig und konnte nicht christlich begraben werden. Es kam daher zu Vertuschungsversuchen und widersprüchlichen Meldungen, man sprach von Herzschlag, dann von einem Jagdunfall, offiziell wurde schließlich die These einer "Geisteskrankheit" vertreten, die ein christliches Begräbnis erlaubte.

Das Geheimnis von Mayerling erregt bis heute die Gemüter und es gibt unzählige, teilweise abenteuerliche Theorien. Am wahrscheinlichsten ist jene vom "Doppelselbstmord" - Rudolf erschoss seine Geliebte und dann sich selbst -, auch wenn damit die Ereignisse nicht restlos geklärt sind. Abgesehen von der persönlichen Tragik, brachte der Tod Rudolfs die Konflikte am Wiener Hof, insbesondere zwischen Vater und Sohn, die sein Leben prägten, noch einmal auf das Schärfste an die Öffentlichkeit. Der vielseitig begabte Kronprinz entsprach in politischer und weltanschaulicher Hinsicht nicht dem von Franz Joseph erhofften Sohn und Thronfolger.

Rudolf wurde in Schloss Laxenburg geboren und war das dritte Kind Franz Josephs und Elisabeths und nach zwei Töchtern endlich der ersehnte Thronfolger. Seine Schwester Sophie war im Kleinkindalter gestorben (1855-1857), Gisela war zwei Jahre älter. Die Erziehung der kaiserlichen Kinder wurde auf Veranlassung seiner Großmutter Erzherzogin Sophie ganz dem Einfluss Elisabeths entzogen, die die Kinder nur zu bestimmten Stunden und für eine begrenzte Zeit sehen durfte. Für seine Mutter empfand er eine schwärmerische Verehrung, doch begann Kaiserin Elisabeth bald nach seiner Geburt den Wiener Hof zu meiden. Der Konflikt um seine Erziehung trug wesentlich dazu bei. Nur Rudolfs jüngere Schwester, die 1868 geborene Marie Valerie (das "ungarische Kind") wuchs unter ihrer Obhut und in ihrer Nähe auf und wurde nach ihren Wünschen ungarisch-national erzogen. Die Beziehung zu den anderen Kindern war hingegen von Distanz geprägt.

Rudolf war intelligent, fantasiebegabt und sensibel, wurde aber schon als Kind zum Soldaten ausgebildet. Sein Erzieher Graf Leopold Gondrecourt wollte vor allem seinen Mut fördern, was schließlich zu einem Ultimatum seiner Mutter führte, die für eine liberale Erziehung eintrat und sich schließlich gegen Franz Joseph und Erzherzogin Sophie durchsetzen konnte. Rudolf erhielt eine umfassende Bildung, wobei unter seinen Lehrern die Liberalen dominierten, darunter der Historiker Anton Gindely und der bedeutende Nationalökonom Carl Menger. Er interessierte sich schon früh für die Naturwissenschaften und den Orient. Als junger Mann unternahm er ausgedehnte Reisen nach England und in den Orient unter Begleitung des Ornithologen und Freimaurers Alfred Brehm.

Politisch war Rudolf föderalistisch und liberal eingestellt, vertrat aber im Gegensatz zu den Deutschliberalen eine slawen- und ungarnfreundliche Politik. Besonders seine Freundschaft mit Moritz Szeps, dem Herausgeber des linksliberalen Wiener Tagblatts, und die Verbindung zum Financier Moritz Hirsch weckte bei den konservativ und antisemitisch eingestellten Wiener Hofkreisen Abneigung. Wegen seiner politischen Ansichten geriet er zunehmend in scharfen Gegensatz zu seinem Vater, der ihn nur selten zu Staatsgeschäften heranzog. Militärisch war Rudolf nicht übermäßig interessiert, hingegen hatte er ständigen Kontakt zu den bedeutendsten Naturwissenschaftlern und war ein begeisterter Ornithologe. Er war Schriftsteller und Journalist, verfasste Werke zur Ornithologie, zum Orient, zur Jagd und politische, teilweise nicht gezeichnete Schriften und Zeitungsartikel. Bis zu seinem Tod gab er das von ihm angeregte so genannte "Kronprinzenwerk" heraus, "Die Österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild" (24 Bände, 1886-1902), wofür er fünf Artikel schrieb.

Seine 1881 geschlossene Ehe mit Prinzessin Stephanie von Belgien, aus der seine Tochter Elisabeth Maria entstammte, verlief unglücklich und konfliktträchtig. Rudolf ging immer häufiger auf Jagden und hatte zahlreiche Liebschaften. 1886 erkrankte er schwer, sein Leben war von Morphium, Frauen und Alkohol bestimmt. In dieser Zeit dürfte er sich auch mit Gonorrhöe infiziert haben. Weitere Krisen folgten. So wurde er von Antisemiten als "Judenknecht" beschimpft, auch kursierten Scheidungsgerüchte. Spätestens seit dem Sommer 1888 fasste er Selbstmordpläne und suchte eine Frau, die sich mit ihm erschießt. Seine letzte Geliebte war die junge Mary Vetsera.

Am 26. Jänner 1889 kam es zu einer furchtbaren Szene mit dem Kaiser, zwei Tage später fuhr er in das Jagdschloss Mayerling, wo er am 29. Jänner mit Prinz Philipp von Coburg und Graf Joseph Hoyos frühstückte und zu Abend aß und in der Nacht mit seiner Geliebten Selbstmord beging. Während der Kronprinz ein Staatsbegräbnis erhielt, wurde Mary Vetsera zunächst an der Friedhofsmauer von Heiligenkreuz begraben und erst später in einer Gruft auf dem Friedhof beigesetzt.
Veröffentlichungen: "Fünfzehn Tage auf der Donau" (1878); "Allerlei gesammelte ornithologische Beobachtungen" (1880); "Eine Orientreise" (2 Bände, 1881); "Einige Jagdreisen in Ungarn" (1881); "Gesammelte ornithologische Skizzen" (1884); "Jagden und Beobachtungen (1887); die Broschüren: "Der österreichische Adel und sein constitutioneller Beruf" (gemeinsam mit Carl Menger, 1878), "Einige Worte über den Spiritismus" (1882) und "Skizzen aus der österreichischen Politik der letzten Jahre" (1886); wahrscheinlich auch "Österreich-Ungarn und seine Alliierten. Offener Brief an S. M. Kaiser Franz Joseph I. von Julius Felix" (Paris 1888) sowie "Politische Briefe an einen Freund" (hrsg. von Julius Szeps 1922).