Freiherr Leopold von Zungaberg (Pascha Mehmed Csonkabeg)


*1641 bis †1706

Biographie

Leopold Freiherr von Zungaberg (oder Zungenberg) hieß eigentlich Pascha Mehmed Beg, stammte aus Bosnien und war ein hoher Offizier und Diplomat im osmanischen Heer. Wegen seiner silbernen Prothese anstelle seiner linken Hand, die er verloren hatte, nannten ihn die Ungarn Csonka Beg, die Osmanen Colak Beg,  - den einhändigen oder verstümmelten Beg. Er zählt wohl zu den außergewöhnlichsten Beispielen erfolgreicher "Integration" in der Vergangenheit. In einer Zeit, in der die Angst vor den Osmanen aus unmittelbarer Erfahrung sehr tief saß, wurde aus einem ehemaligen Feind ein hoch geachteter Bürger. Seine Geschichte zeigt, dass auch im Krieg gegen die Osmanen die in den adeligen Kreisen Europas üblichen, von Stand und Rang bestimmten Spielregeln in der Kriegsführung und im Umgang miteinander galten.

Pascha Mehmed Beg wurde von den kaiserlichen Truppen bei der Eroberung Ofens (Budapest) gefangen genommen und im September 1686 in die Wiener Neustädter Burg gebracht. Er wurde wegen seines hohen Rangs und seiner Bereitschaft, Informationen über osmanische Pläne sowie die ungarische Aufstandsbewegung unter Imre Tököly weiterzugeben, in standesgemäßer Haft gehalten. Burghauptmann und Stadtverwaltung mussten für den Unterhalt aufkommen. Kurz darauf brachte man auch seine junge Gemahlin Fatima nach Wiener Neustadt und das Ehepaar durfte bald das Gefängnis in der Burg verlassen und in die Stadt übersiedeln.

Für seine Bekehrung zum Christentum soll eine steinerne Bildsäule mit einer Christusfigur (Christus in der Rast), die sog. Zungenbergsäule in Theresienfeld, eine bedeutende Rolle gespielt haben. Sein im Februar 1688 geborener Sohn wurde im Wiener Neustädter Dom auf den Namen Matthias getauft. Auch seine zwei älteren Kinder, ein Sohn und eine Tochter, konnten ausgeforscht und aus der Gefangenschaft nach Wiener Neustadt gebracht werden, wo sie auf den Namen Franz Leopold und Apollonia Sophia getauft wurden. Ein viertes Kind kam um 1689 in Wiener Neustadt zur Welt. Für den Unterhalt der Familie kam nun die Hofkammer auf.

Obwohl es die Gelegenheit gab, Mehmed Beg gegen einen kaiserlichen Würdenträger in osmanischer Gefangenschaft auszutauschen, blieb er in Österreich. Am 6. Jänner 1696 wurden er und seine Gemahlin in der Wiener Hofburgkapelle durch Erzbischof Ernst Graf Trautson getauft, Paten waren Kaiser Leopold I. und seine Gemahlin, sein Sohn Joseph I. und seine Tochter Erzherzogin Maria Elisabeth. Mehmed Beg wurde vom Kaiser in den erblichen Adelsstand erhoben und führte von nun an den Namen Leopold Joseph Balthasar Freiherr von Zungaberg (Zungenberg).

1702 trat er als Offizier in kaiserliche Dienste und führte während des Spanischen Erbfolgekrieges ein Husarenregiment. Nach seinem Tod 1706 erhielt seine Witwe vom Kaiser eine Gnadenpension. Die Ersparnisse der Baronin Zungenberg gingen nach ihrem Tod auf ihren ältesten Sohn Franz Leopold über, der ebenfalls im kaiserlichen Dienst stand. Er brachte es zum Feldmarschallleutnant und starb am 17. Februar 1735 in Palermo kinderlos an den Folgen einer Verwundung. Gemeinsam mit seinem Vater hatte er das Vermögen der Zungaberg dem Jesuitenorden für eine Kirche und eine Residenz im Norden von Wiener Neustadt gestiftet. 1745 wurde die Jesuitenkirche und Jesuitenresidenz St. Leopold beim Äußeren Wiener Tor fertig gestellt und geweiht.