Biographie
Der Melker Abt war eine der beherrschenden Figuren im politischen Leben Niederösterreichs seiner Zeit. Seine Person ist untrennbar mit dem barocken Neubau des Stiftes verbunden, der zu seinem Lebenswerk wurde und den er mit beispielloser Energie vorantrieb, dessen Fertigstellung er allerdings nicht erleben sollte. Berthold Dietmayr zählt zu den großen Bauherren des Barock, deren persönlicher und finanzieller Einsatz die Landschaft des Landes für Jahrhunderte prägen sollte. Seine Geschichte ist aber auch eine Geschichte der Rückschläge, Verschuldung und schweren Konflikte mit dem Konvent - heute nicht mehr sichtbare Schattenseiten der barocken Großprojekte.
Berthold Dietmayr, der eigentlich Karl Josef hieß, wurde in Scheibbs geboren und trat im Jahr 1700 mit erst 30 Jahren das Amt des Abtes von Stift Melk an, das er bis zu seinem Tode 1739 in Wien innehatte. 1706 wurde er auch Dekan der Wiener Universität. Er diente drei aufeinander folgenden Kaisern - Leopold I., Joseph I. und Karl VI. - als Ratgeber und war zudem Verordneter des Prälatenstandes von Österreich unter der Enns. Sein politischer Einfluss im Land und bei Hofe war ihm zweifellos hilfreich bei der Realisierung seines Lebenswerkes, der kompletten Erneuerung der Baulichkeiten des Stiftes, die sich über 34 Jahre hinzog. Ihm zur Seite stand der Baumeister Jakob Prandtauer (1660-1726), der aus Tirol stammte, aber in der Nähe von St. Pölten lebte. Gemeinsam beschlossen sie, nicht nur die äußere Erscheinung des Stiftes, sondern den gesamten Gebäudekomplex im Stil der Zeit um- und aufzubauen. Der Grundstein für die neue Kirche wurde 1702 gelegt. Um den gewaltigen Bau zu finanzieren, musste Dietmayr jährlich 30.000 Gulden auftreiben, was ihm im Gegensatz zu manchen anderen Zeitgenossen und zum Teil gegen den Widerstand des eigenen Konvents tatsächlich gelang. Nach dem Tode Prandtauers führte dessen Neffe Joseph Munggenast das Werk bis zum Abschluss 1736 weiter. Nur zwei Jahre später zerstörte ein Feuer große Teile des Neubaus - Abt Dietmayr stand vor den Trümmern seines Lebenswerkes und ordnete umgehend den Wiederaufbau an. Die Vollendung sollte er jedoch nicht mehr erleben, er starb ein Jahr darauf.