Biographie
Der "gute Kaiser Franz" war seit seiner Geburt für den Thron bestimmt und wurde auch dafür erzogen. Er war der älteste Sohn des Großherzogs Pietro Leopoldo der Toskana, des späteren Kaisers Leopold II., und seiner Gemahlin Maria Ludovica. Als Franz in Florenz zur Welt kam, sah sich sein Onkel Joseph II. von seiner Verpflichtung entbunden, selbst für die Nachfolge zu sorgen. Die Erziehung des künftigen Thronfolgers, der in Florenz aufwuchs, wurde daher sorgfältig geplant und auch von Joseph II. überwacht. Franz sollte im Geiste der Aufklärung und nach den gängigen Vorstellungen von der Formbarkeit des Menschen zu einem vorbildlichen Staatsdiener ohne Standesdünkel und mit hoher Selbstdisziplin erzogen werden. Für das ehrgeizige Programm war Franz von Colloredo-Wallsee gemeinsam mit anderen Lehrern zuständig - in den Augen Josephs II. ohne Erfolg, denn er bezeichnete seinen 16-jährigen Neffen als "verzogenes Mutterkindchen", träge, unselbstständig im Denken, weich und scheu. Er holte ihn 1784 nach Wien und unterwarf ihn einem noch rigoroseren Erziehungsprogramm, das in ständiger Pflichterfüllung bestand. Für Gefühle und liebevolle Zuwendung war kein Raum, abstrakte Ideale, unterdrückte Gefühle und menschliche Isolation waren die Folge, kritisierte später Erzherzog Karl, ein Bruder von Franz.
Pflichterfüllung könnte als Motto über dem letzten Jahrhundert habsburgischer Herrschaft stehen, das mit Franz beginnen sollte. Man warf ihm Gefühlsarmut vor, der nach dem Tod dreier Ehefrauen ohne sichtbare Regung bald wieder heiraten konnte, vermutlich eine Folge der anerzogenen Selbstdisziplin, denn nach eigener Aussage war Franz seinen insgesamt vier Gemahlinnen sehr verbunden. Er war ein liebevoller Vater von 13 Kindern und ein Familienmensch, der wie viele Habsburger Musik liebte und im Hausorchester spielte, während er Zeremoniell und Repräsentation ablehnte und wie Joseph II. bescheiden auftrat. Diese Bescheidenheit und die wienerisch gefärbte Sprache trugen zu seiner Beliebtheit im Volk bei, dessen Bedürfnissen er entsprach. Er wurde der "gute Kaiser Franz", der fleißig und rechtschaffen für das Wohl seiner Untertanen arbeitete und ihnen in seiner bürgerlichen Einfachheit nahe war. Mit Anekdoten und vor allem kostengünstigen Lithografien, die sich fast jeder für sein Wohnzimmer leisten konnte, wurde dieses Bild so erfolgreich propagandistisch verbreitet, dass in der Öffentlichkeit Name und Person des Kaisers nicht mit dem einengenden und verhassten System Metternichs verbunden wurde. Schuld an der Zensur und der Überwachung gab man seinen Ministern und ihrem Apparat, er selbst regierte hingegen milde. Eine Anekdote illustriert die Distanz, die man zwischen dem Kaiser und seinem Apparat sah: Ein eifriger Zensor hatte in Schillers Schauspiel "Die Räuber" den Satz "Franz heißt die Kanaille" gestrichen, weil man ihn auf den Kaiser beziehen hätte können, worauf Franz gemeint haben soll "Unsere Zensur ist wirklich blöd".
Soweit das Idealbild, die Realität sah weniger ideal aus. Als Franz nach dem Tod seines Vaters Leopold II. im März 1790 die Regierung antrat, stand der junge Kaiser sehr bald ungewöhnlichen Herausforderungen gegenüber: Das revolutionäre Frankreich erklärte im April 1792 Österreich den Krieg, Ludwig XVI. und Marie Antoinette, Tante des Kaisers, wurden verhaftet, die Franzosen besetzten die Niederlande, die Koalition gegen Frankreich erlitt eine schwere Niederlage (Kanonade bei Valmy), 1793 wurden Ludwig XVI. (21. Jänner) und Marie Antoinette (15. Oktober) hingerichtet. Der Schock darüber saß tief, die von Gott gewollte Ordnung war in ihren Grundfesten erschüttert. Von Beginn an war Franz entschlossen, das revolutionäre Frankreich zu bekämpfen und die alte Ordnung wiederherzustellen, gestützt auf seinen Erzieher Graf Colloredo, den er zum Staatsminister ernannte. Die Reformepoche der Monarchie im Geiste der Aufklärung war mit ihm zu Ende, nun folgte die Politik der Reaktion und Restauration im Kampf gegen Frankreich und alles Revolutionäre oder Neue. Die Furcht des Kaisers vor der Demokratie oder verdächtigen Ideen wurde fast pathologisch. Die schon von seinen Vorgängern aufgebaute Geheimpolizei erhielt immer größeren Spielraum und wurde bald berüchtigt. Gegen so genannte "Jakobiner" - intellektuelle Zirkel von Freidenkern mit demokratischen Ideen - wurde polizeilich vorgegangen, Intellektuelle und Freimaurer sowie Ausländer überwacht, die Zensur verschärft, die Einfuhr ausländischer Literatur verboten. Stützen der Macht waren Adel, Kirche und Bürokratie. Alle Reformansätze Josephs II. zur Verbesserung der Stellung der Bauern wurden "ad acta" gelegt. Die verhasste Robot, unentgeltliche Arbeit für den Grundherrn, galt dem Hof als gute Schule der Demut und des Gehorsams.
Außenpolitischer Hauptgegner wurde Napoleon Bonaparte, der die Revolution gleichsam exportierte und Europa überrannte. Seine ersten Erfolge errang er 1796/97 in Oberitalien gegen die Österreicher. Der Friedensschluss von Campo Formido (Campoformio) 1797 war der erste einer Reihe von Verträgen, in denen die Landkarte Europas immer wieder neu gestaltet und Österreich immer weiter aus Westmitteleuropa - Verlust der Lombardei, Belgiens, des linken Rheinufers und schließlich des Adriazugangs - verdrängt wurde. Auch der zweite Koalitionskrieg 1799 bis 1801 endete erfolgreich für den zum Ersten Konsul ernannten Napoleon, der sich 1804 zum Kaiser von Frankreich krönte. Das Vordringen Napoleons am Rhein, sein wachsender Einfluss und sein Ansehen unter den deutschen Fürsten sowie die Gefahr der Höherrangigkeit des Franzosen bewogen Franz II., im gleichen Jahr den Titel eines "erblichen Kaisers von Österreich" anzunehmen, als solcher Franz I. Das neue Kaisertum wurde am 7. Dezember 1804 proklamiert, als Krone wurde auf eine Privatkrone Rudolfs II. zurückgegriffen. Ein Jahr darauf stand Napoleon im dritten Koalitionskrieg in Wien, Niederösterreich wurde Besatzungsgebiet. Nach seinem Sieg in der "Dreikaiserschlacht" bei Austerlitz (2. Dezember 1805) über Österreich, England und Russland verlor Österrich im Frieden von Pressburg unter anderem Venetien, Dalmatien sowie Tirol, das Bayern erhielt. Nach dem Debakel musste Graf Colloredo gehen. Nun brach auch die Stellung des Kaisers im römisch-deutschen Reich zusammen. 16 Fürsten traten aus dem Reichsverband aus und schlossen sich unter der Patronanz Napoleons zum Rheinbund zusammen, Napoleon forderte ultimativ die Niederlegung der römisch-deutschen Krone. Am 6. August 1806 legte Kaiser Franz die Kaiserkrone nieder - 1006 Jahre nach der Kaiserkrönung Karls des Großen - und erklärte das Reich für erloschen. Ab nun führte er den Titel Kaiser Franz I. von Österreich.
Die Folge der Auflösung war eine gewaltige Machtsteigerung der deutschen Mittelmächte, allen voran das nun souveräne Königreich Bayern. Viele der kleinen Reichsfürsten und Reichsgrafen konnten sich nicht durchsetzen, einige gingen nach Wien an den Kaiserhof. Der erfolgreichste von ihnen sollte der rheinische Reichsgraf Metternich werden. Trotz des Misstrauens des Kaisers gegenüber dem Volk wurde nach 1805 gerade das Volk zum "Aufstand" bewegt - zu einem Aufstand für den Kaiser und die Monarchie gegen Napoleon. Franz beauftragte seinen Bruder Erzherzog Karl mit dem Aufbau einer Landwehr; gleichzeitig wurden mit volkstümlicher Propaganda erfolgreich patriotische Gefühle und Kriegsbegeisterung geweckt. Im April 1809 begann Österreich den Krieg, der nach anfänglichen Erfolgen - die Tiroler vertrieben unter Andreas Hofer die Bayern - wieder mit einer Niederlage endete. Ein Monat nach Kriegsausbruch stand Napoleon wieder vor Wien, erlitt zwar am 21. und 22. Mai bei Aspern seine erste Niederlage, die den Sieger Erzherzog Karl später zum Nationalhelden werden ließ, siegte aber im Juli bei Deutsch-Wagram. Napoleon residierte in Wien, Niederösterreich war wieder Besatzungsgebiet, die Bestimmungen des Friedens von Schönbrunn (21. Oktober) waren drückend.
Erzherzog Karl musste gehen, Leiter der Außenpolitik wurde Metternich. In ihm sollte der Kaiser jenen Mann finden, der der österreichischen Außenpolitik die Linie gab und dessen Urteil er vertrauen und folgen konnte. Er selbst blieb im Urteil mehr oder weniger unselbstständig, seine Politik in den Napoleonischen Kriegen wurde als hektisch und sprunghaft kritisiert, bestimmt durch häufige Wechsel. Nach dem Scheitern der Kriegspolitik vollzog Metternich den Schwenk zur Zusammenarbeit mit Napoleon und brachte die Heiratsverbindung mit der ältesten Tochter des Kaisers, Marie Louise, zustande, die mit der Abneigung gegen Napoleon aufgewachsen war. Nach der Trauung 1810 wurde 1811 Napoleon Franz Josef Karl geboren, der spätere Herzog von Reichsstadt. Nach dem fehlgeschlagenen Russlandfeldzug Napoleons und seiner Grande Armeé, an dem auch ein Kontingent des nun verbündeten Österreich unter Fürst Schwarzenberg beteiligt war, wurde die Koalition gegen ihn immer größer, der sich schließlich auch Österreich anschloss. Nach der vernichtenden Niederlage in der "Völkerschlacht" bei Leipzig, bei der mehr als 120.000 Soldaten starben, und der Einnahme von Paris ging Napoleon ins Exil auf Elba.
Auf dem Wiener Kongress, an dem Vertreter von etwa 200 Staaten, Fürstentümern und Städten teilnahmen, wurde die Neuordnung Europas beschlossen, die in ihren Grundzügen bis zum Ersten Weltkrieg 1914 bestehen blieb. Im Allgemeinen wurde die Staatenwelt Europas vor den Revolutionskriegen wiederhergestellt. Österreich verzichtete auf Belgien und die Niederlande, erhielt aber eine starke Stellung in Italien. Die Neuordnung sicherte zwar das Gleichgewicht der Kräfte, schuf aber gleichzeitig durch die machtpolitischen Grenzziehungen die künftigen vom Nationalismus getragenen Krisenherde (Polen, Italien, Slawen). Flucht und Rückkehr Napoleons sorgten noch einmal für Aufregung, doch sein Vorstoß scheiterte bei Waterloo (18. Juni 1815). Er starb 1821 in der Verbannung auf der Insel St. Helena.
In den nächsten Jahrzehnten bestimmte Metternich, der "Kutscher Europas" und "das" Symbol der Restauration, als Staatskanzler in engem Zusammenwirken mit dem Kaiser entscheidend die Politik. Sie teilten die Abneigung gegen jede Veränderung, gegen Unbotmäßigkeit und neue Ideen. Ziel war die Erhaltung der bedrohten legitimen Herrschaftsordnung und des Friedens, die sie für eine Generation erreichten. Liberale und nationale Ideen wurden mit Polizeiüberwachung und strengster Zensur bis zur Briefüberwachung bekämpft, das kulturelle Leben eingeschränkt. Zu den von der Zensur Verfolgten gehörte auch Franz Grillparzer. Andere Dichter fanden Wege, die Zensur zu überlisten, wie Ferdinand Raimund und Johann Nestroy. Metternich wurde zum Symbol des Zensur- und Polizeistaats, während Franz das Image des "guten Kaisers" pflegen konnte.
Beliebter Aufenthaltsort der kaiserlichen Familie war Laxenburg, wo sich der Kaiser die Franzensburg errichten ließ, eine von der Ritterromantik geprägte "Burgfeste". Trotz der erzwungenen Abschottung nach außen entstanden aber neue Verbindungswege außen im Zeichen der Moderne, wie die Bahnlinien (Bau der ersten Linie Linz-Budweis 1827 bis 1832) und die Dampfschiffe, so wurde der erste Raddampfer "Kaiser Franz I." getauft. Die industrielle Revolution mit all ihren sozialen Folgen machte vor der Monarchie nicht Halt. Ein Problem bildete allerdings die Thronfolge. Der älteste Sohn Ferdinand war wegen seiner Behinderung offensichtlich nicht als Herrscher geeignet, doch man entschied sich schließlich für ein Festhalten am Legalitätsprinzip. In seinem Testament setzte Franz fest, dass eine Geheime Staatskonferenz die Staatsgeschäfte führen sollte. Für seinen Sohn hinterließ er die Anweisung: "Übertrage auf den Fürsten Metternich, meinen treuen Diener und Freund, das Vertrauen, welches ich ihm während einer so langen Reihe von Jahren gewidmet habe, verücke nichts in den Grundlagen des Staatsgebäudes, regiere, verändere nichts."
In Schloss Luberegg, einer der Lieblingssitze des Kaisers, wo er von 1803 bis 1811 seine Sommer verbrachte, wurde in den 1990er Jahren das "Kaiser-Franz-Museum" eingerichtet.