Biographie
Der am 7. April 1715 im Alter von knapp 34 Jahren zum Propst des Augustiner-Chorherrenstifts St. Pölten gewählte Johann Michael Führer, ein Freund des Melker Abts Berthold Dietmay, gehört zu den großen barocken Bauherren des 18. Jahrhunderts, dessen Bautätigkeit aber die Grenzen der Finanzierbarkeit weit überschritt und zu schweren Konflikten und schließlich zu seiner Absetzung führte. An ihn erinnert das prachtvolle Innere des Doms und die nur teilweise fertig gestellte Bibliothek.
Führer wurde in Melk geboren, legte 1701 in St. Pölten die Profess ab und war zunächst als Priester in verschiedenen Pfarren tätig. Bei seinem Amtsantritt übernahm der junge Propst eine beträchtliche Schuldenlast. Bei seiner Wahl versprach er, keinen Stiftsbesitz zu veräußern und die Schulden abzuzahlen, weiters die Klosterbaulichkeiten zu erhalten und nur bei nötigem Bedarf neue Gebäude zu errichten. Außerdem sollten die wichtigsten Angelegenheiten des Stiftes dem Kapitel vorgelegt werden.
Zu einem ersten Konflikt mit den Kapitularen kam es anlässlich der Erneuerung der Stiftskirche im Jahr 1721, die ihn beim kaiserlichen Geheimen Rat wegen Verschwendung und unkontrollierter Ausgaben für den Kirchenbau verklagten. Zudem sei er zu gastfreundlich und zahle keine alten Schulden ab, sondern würde ohne Zustimmung des Kapitels neue Schulden aufnehmen. Propst Führer konnte die Vorwürfe entkräften und sich von den Anschuldigungen entlasten. Er führte den Stiftsausbau weiter und nahm neue Kredite auf. Zur Deckung der Schulden fälschte er sogar Siegel und Unterschrift, sodass ein neuerliches Verfahren gegen ihn eingeleitet wurde. Am 19. Oktober 1739 musste er schließlich resignieren, bis eine Möglichkeit der Schuldentilgung gefunden würde.
Mit der Administration des Stifts waren zunächst der Dechant und der Stadtrichter betraut worden, im Jänner 1741 übernahm eine Kommission die Verwaltung, bestehend aus den Prälaten von Herzogenburg, Klosterneuburg und St. Dorothea in Wien. Mit Beginn der französischen Okkupation im selben Jahr kehrte Führer in sein Stift zurück und übernahm wieder die Leitung, was vor allem wegen seiner Französischkenntnisse empfehlenswert schien. Nach dem Abzug der Franzosen wurde ihm die Stiftspfarre Bruck an der Leitha als Exilort zugewiesen, wo er im Alter von 64 Jahren starb. Sein Leichnam wurde auf einem Heuwagen in das Stift überführt und in der Rosenkranzkapelle beigesetzt.