Biographie
Michael Hadyn wurde wie sein älterer Bruder Joseph in Rohrau geboren und - so wie dieser fünf Jahre zuvor - mit acht Jahren von den Eltern als Chorknabe in das Kapellhaus des Wiener Stephansdoms geschickt. Hier studierte er Orgel, Klavier, Violine und vor allem Gesang und rückte bald zum Sopransolisten auf. Nach dem Stimmbruch musste er das Kapellhaus verlassen, schlug sich zunächst kümmerlich durch und erhielt als 20-Jähriger seine erste fixe Anstellung als Kapellmeister des Bischofs von Großwardein. Hier entstanden in den folgenden Jahren etliche seiner geistlichen und weltlichen Kompositionen.
1763 wurde Michael Haydn Hofmusikus und Konzertmeister am erzbischöflichen Hof in Salzburg, wo er mit der Familie Mozart bekannt wurde. Er vertrat häufig den infolge seiner Reisen mit seinem Sohn abwesenden Leopold Mozart als Vizekapellmeister, allerdings war das Verhältnis zwischen beiden zeitweise gespannt. Sie waren Konkurrenten um das Amt des Hofkapellmeisters, das allerdings beide nie erreichen sollten. Wolfgang Amadeus Mozart schätzte hingegen seinen älteren Kollegen, studierte vor allem Haydns kontrapunktische Arbeit und ließ sich in seinen Kompositionen von ihm anregen. In den vier Jahrzehnten seines Salzburger Dienstverhältnisses schuf Michael Haydn zahlreiche bedeutende kirchenmusikalische Werke, Instrumental- und Tafelmusik für den Fürsterzbischof sowie Bühnenwerke, darunter 1767 "Die Schuldigkeit des ersten Gebotes", wobei Mozart den ersten Teil, Haydn den zweiten Teil und der Hoforganist Anton Cajetan Adlgasser den dritten Teil vertonte.
1781 erhielt Michael Haydn nach dem endgültigen Abschied Mozarts von Salzburg die Stelle des Hof- und Domorganisten, die er bis zu seinem Tod innehatte. Zukunftsweisend für die Tradition des Männergesangs im 19. Jahrhundert sollten die ab 1788 entstehenden, unbegleiteten Quartette werden, die ursprünglich für das gesellige Singen im Freundeskreis gedacht waren. Großen Anklang fanden Haydns Werke auch in Wien, wo er sich anlässlich der Besuche bei seinem Bruder der Öffentlichkeit präsentierte und als Komponist, Organist und Improvisator gefeiert wurde. Die von Joseph vermittelte Stellung eines Vizekapellmeister beim Fürsten Esterházy schlug er aber aus. Er blieb in Salzburg, wo er im 69. Lebensjahr starb.
Sein umfangreiches kompositorisches Werk umfasst 32 lateinische und acht deutsche Messen, darunter das Hochamt "Hier liegt vor deiner Majestät", zahlreiche kleinere Kirchenkompositionen, die Oper "Andromeda e Perseo", Singspiele und Kantaten, 46 Symphonien, fünf Instrumentalkonzerte, neun Streichquartette, diverse Kammermusik sowie Chorwerke, Männerchöre und Tänze.
(Quelle: P. Erhart, Niederösterreichische Komponisten, 1998, Doblinger Wien, S. 29ff.)