Heinrich von Neustadt


†14. Jhd.

"Apollonius von Tyrlant"

Die Abenteuer des Königs Apollonius erfreuten sich in der Antike und im Mittelalter größter Beliebtheit. Der antike Roman, der wahrscheinlich um 215 n. Chr. entstand, trug den Titel "Historia Apollonii regis Tyri" und handelte von der Heirat des Helden mit der schönen Lucina, dem Tod der Heldin, der Übergabe der Tochter der beiden an ein befreundetes Paar, Trennung von Vater und Tochter und letztlich der glücklichen Wiedervereinigung. Zwischen Trennung und Wiederbegegnung klafft eine Lücke von 14 Jahren, in der nur erwähnt wird, dass die Tochter, Tarsia, durch die Schuld der Pflegefamilie in einem Bordell landet, wo sie jedoch ihre Keuschheit bewahren kann. Heinrich von Neustadt füllte diese Lücke nun mit den Abenteuern des Apollonius aus: der Held besteht Kämpfe und Tugendproben, erringt schöne Frauen, und bezwingt schreckliche Monster. Eines davon ist das Ungetüm Kolkan, das so beschrieben wird: "Ich sah noch nie etwas so Greuliches. Sein Gesicht ist drei Ellen lang und aus seinem Mund geht ein Gestank, so stark, daß er durch eine Mauer dränge. (...) Als ich im Hafen landete, war Kolkan bereits da und entriß mir in kurzer Zeit vierundsechzig starke Männer. Sie waren zum Sturm bereit und hatten Plattenharnische angelegt, aber immer wenn einer das Land betrat, war Kolkan schon da und zerriß ihn. Den nächsten ereilte das gleiche Verhängnis. (...) Er ist schnell wie ein Roß und hat - wie ich schon erwähnte - handbreite Schuppen. Seine Augen brennen wie glühende Kohle."