Biographie
Der unter dem Titel "Raxkönig" bekannte Georg Huebmer war zur Zeit der Industriellen Revolution einer der Pioniere in der Erschließung neuer Rohstoff- und Energiereservoirs, wie es das bis dahin unzugängliche Rax-Schneeberggebiet darstellte. Der durch die Industrie enorm gestiegene Bedarf an Holz (für Holzkohle) sowie die Abholzung aller zugänglicher Wälder im 18. Jahrhundert machte die "Eroberung" neuer, stadtferner Gebiete notwendig. Die Holzschwemmung aus unerschlossenen Gebieten bis in die Großstadt stellte aufgrund fehlender Bringungstechniken eine besondere Herausforderung dar. Die von den Brüdern Georg und Johann Huebmer entwickelte Holzbringungsanlage war daher eine technische und logistische Meisterleistung.
Georg Huebmer war der Sohn eines Holzknechts aus Gosau im Dachsteingebirge und blieb trotz Erfolg und Reichtum bis zu seinem Tod Analphabet. Er stand gemeinsam mit seinem Bruder Johann, Spezialist für den Bau von Riesanlagen, zunächst als Holzknecht im Dienst der Innerberger Hauptgewerkschaft (Eisenerzeugung). Von dort wurde er an den Grafen Hoyos weitervermittelt, der an der Erschließung der Urwälder zwischen Rax und Schneeberg Interesse hatte. Die Brüder Huebmer unterbreiteten das günstigste Holzbringungsangebot für den Transport der Holzmassen durch das Höllental nach Wiener Neustadt und auf dem Wiener Neustädter Kanal weiter nach Wien und erhielten 1805 den Auftrag. Mit Hilfe eines Tunnels sollte das Holz auch von jenseits der Wasserscheide in den Wiener Raum transportiert werden.
Die Arbeiten begannen auf eigenes Risiko und waren durch unermüdlichen Arbeits- und Willenseinsatz sowie Gründung der "Huebmer'schen Schwemm-Kompagnie" erfolgreich. Die Huebmer perfektionierten die alten Techniken wie Holzries und Wassertrift und entwickelten - ohne technische Ausbildung - komplexe technische Bauten: Nach jahrzehntelanger Arbeit wurde 1822 ein 450 Meter langer unterirdischer Schwemmkanal durch das Gschaidl fertig gestellt, um das Holz von der anderen Seite der Wasserscheide ins Einzugsgebiet der Schwarza, also Richtung Wien, zu transportieren. Der Tunnel zwischen Stiller Mürz und Preinbach war der damals längste Tunnelbau Österreichs außerhalb eines Bergbaugebiets. Ein um 1820 von Georg nach älteren Vorbildern konstruierter Holzaufzug brachte das unterhalb des Kanals geschlagene Holz in die Höhe. In Wiener Neustadt wurde das Holz auf Platten verladen und über den Wiener Neustädter Kanal von Pferden nach Wien gezogen und verkauft.
Die Holzarbeiter der Schwemm-Kompagnie kamen fast alle aus Huebmers Heimat Gosau und waren evangelisch. Sie gründeten eine Dauersiedlung, aus der die evangelische Gemeinde Naßwald wurde. Wegen der großen Entfernung der Schwemmwerke zum nächsten Pastorat in Mitterbach, ließ Huebmer ein evangelisches Schul- und Bethaus errichten und besoldete die Lehrer aus eigenen Mitteln.
Huebmer gelangte zu beachtlichen Reichtum und ließ sich sogar ein Siegel und ein erfundenes Familienwappen anfertigen. Nach seinem Tod wurde er bald zum Mythos und als "Vater der Gegend" oder als "Genius, der aus der Wildnis auftauchte" bezeichnet. Der bis heute populäre Titel "Raxkönig" geht vermutlich erst auf den 1929 erschienenen Roman "Der Raxkönig" von Ottokar Janetschek zurück, in dem in heroisierender Form die Erschließung des Naßtales durch Georg Huebmer geschildert wird. An Leben und Werk des "Raxkönigs" erinnert die Huebmer-Gedächtnisstätte Naßwald (Marktgemeinde Schwarzau im Gebirge), die 1974 ein "Holzhackermuseum" eröffnete.