Joseph aus Stiefern


†10. Jhd.

Biographie

Am Beginn des 10. Jahrhunderts (902/03) schenkte ein hochrangiger Herr aus der Kamptaler Gegend namens Joseph - ein "venerabilis vir" - der Kirche zu Freising Besitzungen zu Stiefern im Kamptal. Alle Güter, die zwischen der Hochstraße - von dort, wo die Straße in zwei Bächlein führt - und der Stelle lagen, an der die Bäche in den Stiefing-Bach (Stivinna) zusammenführen, übergab er dem Bischof Waldo von Freising.
Joseph saß möglicherweise auf der Burg zu Thunau bei Gars. Die Verbindung Josephs zum Freisinger Bistum, das viele Interessen im karolingischen Ostland an der Donau hatte, bestand schon bei seinen Vorfahren, also wohl seit der Mitte des 9. Jahrhunderts. Die persönliche Anwesenheit des Bischofs ist ein Zeichen besonderer Wertschätzung. Mit ihrem Gefolge umritten sie gemeinsam feierlich das Gebiet zur Besitzeinweisung. Zeugen der Schenkung waren teilweise Baiern, die nach bairischem Recht zur Erinnerung an die Handlung "an den Ohren gezogen" wurden, und Slawen, was an ihren Namen erkennbar ist.

Aus dem 9. und 10. Jahrhundert sind nur wenige schriftliche Zeugnisse aus dem Raum des heutigen Niederösterreich überliefert, weshalb die Notiz über diese Schenkung besonders kostbar ist. Sie ist abschriftlich in einer im Bayerischen Hauptstaatsarchiv verwahrten Handschrift aus dem frühen 11. Jahrhundert überliefert  (Codex commutationem Egilberti, Handschrift HL Freising 3b, Bl. 108v-109r). Die Urkunde bezeugt ein friedliches Zusammenleben der beiden Völker. Wenige Jahre später allerdings, 907, erlitt ein bairisches Heer bei Pressburg eine furchtbare Niederlage gegen die Ungarn und die Grenze musste bis zur Enns zurückgenommen werden. Auch von den Slawen auf Gars-Thunau hört man nichts mehr. Die archäologisch dokumentierte Burganlage ist eines der wenigen "Fenster" in die Frühgeschichte des Landes.