Biographie
Der im hohen Alter von 99 Jahren verstorbene Kardinal, ein gebürtiger Niederösterreicher, war wohl der angesehenste und beliebteste kirchliche Würdenträger der Zweiten Republik. Als einer der einflussreichsten Konzilsväter des Zweiten Vatikanischen Konzils wurde er zum Symbol für den Aufbruch der nachkonziliaren Kirche: für ihre Öffnung über alle Parteigrenzen hinweg, für Ökumene und den Dialog mit nichtchristlichen Religionsgemeinschaften. Seine Amtszeit als Erzbischof von Wien gilt inzwischen als "Ära König", er selbst wurde als "Brückenbauer" bezeichnet. Er wurde im Laufe seines Lebens zu "der" moralischen Autorität Österreichs und gehört zweifellos zu den bedeutendsten Niederösterreichern des 20. Jahrhunderts.
Franz König wurde in der Gemeinde Rabenstein an der Pielach als eines von vier Kindern auf einem Bauernhof in Warth geboren. Er besuchte das Melker Gymnasium, wurde am 29. Oktober 1933 in Rom zum Priester geweiht und studierte an in- und ausländischen Universitäten Philosophie und Theologie. In beiden Fächern erwarb er das Doktorat. Seine pastorale Tätigkeit begann er in seiner Hematdiözese St. Pölten, wo er von 1934 bis 1937 als Kaplan in Altpölla, Neuhofen an der Ybbs, St. Valentin und Scheibbs wirkte. Ab 1938 war er Jugendseelsorger der Diözese und Domkurat in St. Pölten. Nach dem Krieg habilitierte Franz König sich an der Universität Wien für Religionswissenschaften. 1948 wurde er als Professor für Moraltheologie nach Salzburg berufen. 1952 ernannte Papst Pius XII. ihn zum Titularbischof von Livias und Bischof-Koadjutor mit dem Recht der Nachfolge des St. Pöltner Bischofs Michael Memelauer. Am 31. August 1952 wurde er im Dom von St. Pölten zum Bischof geweiht. Vier Jahre später folgte überraschend seine Ernennung zum Erzbischof von Wien (10. Mai 1956). Am 15. Dezember 1958 nahm ihn Papst Johannes XXIII. in das Kardinalskollegium auf.
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965), an dessen Ergebnissen König maßgeblich beteiligt war, zählte zu den prägendsten Erlebnissen seines Lebens. Bis zu seinem Lebensende blieb er ein vom Geist des Konzils "Bewegter", der die konziliare Botschaft von der Einheit in der Vielfalt als Auftrag und Forderung nicht nur verkündigte, sondern vor allem lebte. Eine seiner wichtigsten Aufgaben war der Kontakt zur Kirche des Ostblocks. 1960 hatte König auf einer Reise nach Zagreb gemeinsam mit Weihbischof Helmut Krätzl, damals sein Sekretär, einen schweren Autounfall, der für ihn zum Zeichen und Auftrag wurde, sich um die Kirche hinter dem Eisernen Vorhang zu bemühen. In der Folgezeit verfolgte er eine konsequente Besuchspolitik in den Ländern des ehemaligen Ostblocks und besuchte ab 1963 regelmäßig den in der amerikanischen Botschaft in Budapest gefangenen ungarischen Primas Kardinal József Mindszenty, bis dieser 1971 schließlich nach Rom und dann nach Österreich kam.
Nach Jahrzehnten mühsamer Kontakte mit dem Osten war für König die Eröffnung des Mitteleuropäischen Katholikentags am 10. Juni 2003, zu dem die Bischöfe und Erzbischöfe aus acht Ländern - Bosnien-Herzegowina, Tschechien, Kroatien, Ungarn, Österreich, Polen, Slowenien, Slowakei - einluden, einer der bewegendsten Momente seines Lebens. Kardinal König wurde zum Vorreiter der Ökumene, des interreligiösen Gesprächs, des Dialogs mit dem Atheismus und der Wissenschaft. Er schuf das Vatikanische Sekretariat für die Nichtglaubenden, dessen Leitung er bis 1981 innehatte, und bereitete mit dem Besuch des ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel den Boden für den Dialog mit den Orthodoxen. 1964 gründete er die Stiftung "Pro Oriente", die durch ihre internationalen ökumenischen Symposien dem theologischen Gespräch bedeutende Impulse gab, und er leitete den Eucharistischen Weltkongress in Bombay.
Als Erzbischof von Wien hatte König im Dienst der Versöhnung den Dialog mit anderen politischen Gruppen, insbesondere der Sozialdemokratie, gesucht und gefördert und damit über alle Parteien hinweg großes Ansehen erlangt. Im Sinne seines Wahlspruches "Veritatem facientes in caritate" (Die Wahrheit in Liebe tun) widmete er sich in seiner Diözese vor allem einer den Menschen nachgehenden Seelsorge und besuchte Pfarren, Schulen und Betriebe, um die Sorgen und Nöte der Menschen persönlich kennen zu lernen. Ein Höhepunkt seiner Amtszeit war der Besuch von Papst Johannes Paul II. im Rahmen des österreichischen Katholikentages 1983.
Sein schon 1980 mit Vollendung des 75. Lebensjahres eingereichtes Rücktrittsgesuch wurde erst 1985 angenommen. Am 16. September 1985 trat König als Erzbischof von Wien in den Ruhestand. Im Juni desselben Jahres war er noch für die nächsten fünf Jahre zum Präsidenten der internationalen katholischen Friedensbewegung "Pax Christi" gewählt worden. Im August 2002 feierte er sein Goldenes Bischofsjubiläum und erhielt den Bruno-Kreisky-Preis für Menschenrechte für seine Verdienste um Toleranz und Verständigung.
Seine Heimatgemeinde Rabenstein hat Kardinal König immer wieder besucht. Ihm zu Ehren brachte man an der Taufkirche eine Gedenktafel an; in Steinklamm trägt eine Wohnhausanlage, der "Kardinal-König-Hof", seinen Namen. Anlässlich seines 65-jährigen Priesterjubliäums 1999 wurde sein Schulweg von Warth nach Kirchberg "Kardinal-König-Weg" getauft. Der Hof in Warth ist bis heute in Familienbesitz und wird von einem Neffen des Kardinals bewirtschaftet.
Kardinal Franz König ist im wahrsten Sinne des Wortes in den frühen Morgenstunden des 13. März 2004 entschlafen. Er wurde am 27. März in der Bischofsgruft in der Wiener Stephanskirche beigesetzt. Ihm zu Ehren gab die Post wenige Tage später eine Sonderbriefmarke im Wert von einem Euro heraus.