Biographie
Weihbischof DDr. Helmut Krätzl, der im Jahr 2002 sein 25-jähriges Bischofsjubiläum feierte und wohl gemeinsam mit seinem Mitjubilar Kardinal Franz König (50-jähriges Jubiläum) zu den eifrigsten Verfechtern des Zweiten Vatikanischen Konzils in Österreich (1962-1965) gehört, erlebte den tief greifenden Wandel von der vorkonziliaren zur nachkonziliaren Kirche in Niederösterreich als Kaplan von Baden und als Pfarrer von Laa an der Thaya direkt an der Basis.
Geboren in Wien, wurde er nach dem Theologiestudium an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien am 29. Juni 1954 in Wien von Kardinal Innitzer zum Priester geweiht. Er begann sein geistliches Wirken als Kaplan in Baden, wurde aber nach zwei Jahren, im September 1956, zum Zeremoniär des damals neu ernannten Erzbischofs von Wien, Franz König, berufen. 1959 promovierte er an der Universität Wien zum Doktor der Theologie, von 1960 bis 1963 studierte er in Rom und erwarb 1964 an der päpstlichen Universität Gregoriana sein zweites Doktorat in Kirchenrecht. In dieser Zeit nahm er als "Konzilsstenograf" am Konzil teil und erhielt unmittelbaren Einblick in das Konzilsgeschehen.
In Österreich zurück, war Krätzl von 1964 bis 1969 Pfarrer von Laa an der Thaya, dann berief ihn Kardinal König in die Zentrale der Erzdiözese und bestellte ihn mit 1. September 1969 zum Ordinaratskanzler. In dieser Funktion, die er bis 1980 innehatte, bemühte er sich vor allem um eine praxisorientierte Handhabung der kirchenrechtlichen Vorschriften und um die Förderung einer erneuerten Sakramentenpastoral nach den Leitlinien des Konzils. Zunächst gehörte er allerdings zu den so genannten "konservativen Kreisen", doch zeigte sich für ihn im Laufe der Jahre immer klarer, dass die Kirche nur durch eine Erneuerung im Geist des Konzils ihre Aufgabe in der Welt erfüllen kann.
Am 30. September 1977 wurde er von Papst Paul VI. zum Titularbischof von Heraclea Pontica und Weihbischof in Wien ernannt und am 20. November 1977 im Dom zu St. Stephan in Wien zum Bischof geweiht. (Wahlspruch: "In der Kraft Gott"). 1981 bis 1985 war er Generalvikar der Erzdiözese Wien und wurde 1985 - nach dem Rücktritt von Kardinal König als Erzbischof von Wien - vom Wiener Domkapitel zum Diözesanadministrator gewählt, eine Funktion, die er bis zum Amtsantritt des neuen Erzbischofs Hans Hermann Groer am 14. September 1986 innehatte. 1987 ernannte ihn Kardinal Groer zum Bischofsvikar für die Bereiche Erwachsenenbildung und Priesterfortbildung. Auch unter Kardinal Schönborn blieb er für die Erwachsenenbildung verantwortlich. Darüber hinaus war er 20 Jahre lang als "Schulbischof" der österreichischen Bischofskonferenz zuständig für Schulpolitik und Religionsunterricht. Zur Zeit ist er in der Bischofskonferenz Mitglied der Katechetischen Kommission und für Bildung, Weltreligionen und Ökumene (gemeinsam mit Kardinal Schönborn) sowie für die Kontakte zum Katholischen Bibelwerk und zu den Katholischen Krankenanstalten im Einsatz.
Weihbischof Krätzl gehört zu den angesehensten Repräsentanten der Katholischen Kirche in Österreich, dessen unermüdlicher Einsatz der konsequenten Verwirklichung des Zweiten Vatikanischen Konzils gilt, insbesondere einer den Menschen nachgehenden Seelsorge sowie der ökumenischen wie europäischen Verständigung. In seinem 1998 erschienenen Buch "Im Sprung gehemmt" setzt er sich kritisch mit der aus seiner Sicht gehemmten Entwicklung der Kirche auseinander - aus Sorge um diese Kirche und, geprägt von seinen persönlichen Erfahrungen auf dem Konzil, aus dem tiefen Glauben an ihre Kraft der Erneuerung.
2008 nahm Papst Benedikt XVI. sein 2006 zum 75. Geburtstag eingereichtes Rücktrittsgesuch an und ernannte zu dessen Nachfolger als Weihbischof von Wien den niederösterreichischen Pfarrer Stephan Turnovszky (Pfarre Baden-Leesdorf).