Hans Kudlich


*25.10.1823 bis †11.11.1917

Grundentlastung

Zur Durchführung des Patents vom 7. September 1848, mit dem die Grunduntertänigkeit aufgehoben wurde, errichtete eine Landeskommission unter der Leitung Wenzel Turbas, früher Kreishauptmann von Korneuburg, Bezirkskommissionen bei den Bezirkshauptmannschaften, die ab 1850 ihre Tätigkeit aufnahmen. Sie luden alle Betroffenen - im ganzen Land waren es 285.146 Verpflichtete (Bauern) und 2645 Berechtigte (Grundherren) - ein und verlangten den Nachweis über ihre Besitzobjekte, die dann von den Gemeindeämtern überprüft wurden. Obwohl man ursprünglich mit einer Arbeitszeit von fünf bis zehn Jahren rechnete, konnten die meisten Bezirkskommissionen ihre Arbeit bis 1853 beenden und Ende Mai aufgelöst werden.
Als Ablösungsmodus war vorgesehen, dass manche Leistungen gestrichen wurden und andere zu zwei Dritteln abzulösen waren. Von der festgesetzten Entschädigungssumme war ein Drittel für weggefallene Verpflichtungen der Herrschaft abzuziehen. Von den verbliebenen zwei Dritteln hatte eines der Bauer den früheren Herrschaftsbesitzern zu bezahlen, das restliche das Kronland. Die Grundentlastung erwies sich für die meisten großen Herrschaftsbesitzer aufgrund der Kapitalbildung und den sich daraus ergebenden Investitionsmöglichkeiten als gewinnbringend. Sie nutzten das Kapital zur Modernisierung der ihnen verbliebenen Betriebe und zu Industriegründungen. Die Bauern wurden zu freien Eigentümern ihres Grund und Bodens und konnten, befreit von Robot, Zehent und sonstigen bisherigen Belastungen, ihre ganze Arbeitskraft der Bewirtschaftung des Hofes widmen, dessen Erträge nun allein ihnen zufloss. Allerdings profitierten davon vor allem die wohlhabenden Bauern, während Klein- und Nebenerwerbsbauern nicht nur Schwierigkeiten hatten, die Ablöse aufzubringen, sondern in der Folgezeit mit den neuen wirtschaftlichen Gegebenheiten des freien Marktes und den neuen Steuerlasten seitens Staat, Länder und Gemeinden zu kämpfen hatten.
(Quelle: Landeschronik Niederösterreich, 2. Aufl. 1994, S. 297)