Biographie
Eufemia, benannt nach ihrer Großmutter Eufemia von Mistelbach, ist eine der bedeutendsten Frauen des kuenringischen Hauses. Sie war die Tochter Heinrichs III. (I.), des legendären "Hundes" von Kuenring, und der Adelheid von Neuburg-Falkenstein und wurde vermutlich zwischen 1211 und 1215 geboren. Nach dem Tod ihrer Brüder Hadmar (IV.) und Heinrich (V.) erbte sie mit deren Gütern auch die Stammburg Kühnring.
In erster Ehe war sie mit Irnfried von Hindberg verheiratet, nach dessen Tod (1237) mit Rudolf von Pottendorf, nannte sich aber immer nach ihrer Herkunftsfamilie "Eufemia von Kuenring". Sie dürfte demnach eine auf den ruhmreichen Namen ihres Hauses sehr stolze und zudem sehr energische Dame gewesen sein. Vor allem ihr Verhältnis zum Familienkloster Zwettl war äußerst gespannt. Die Schwierigkeiten um die Beisetzung ihres Onkels Hadmar und ihres Vaters in der Ahnengruft wegen der von ihnen verursachten Schäden empfand sie als Beleidigung des Hauses. Nach dem Tod ihrer Brüder machte sie daher dem Kloster das Gut Strahlbach streitig, das ihre Brüder anlässlich der Beisetzung ihres Vaters zurückgegeben hatten, und beanspruchte es als ihr Erbe. Der jahrelange Streit endete erst 1252 in einem für Eufemia günstigen Vergleich.
Bald darauf beanspruchte sie gegenüber dem Kloster das Patronat über die Pfarrkirche der Stadt Zwettl als Erbe ihrer Brüder und war erst 1276 zur Aufgabe ihrer Ansprüche zu bewegen, wobei seitens des Abts von Zwettl sogar der Papst um Hilfe angerufen wurde. Mit dem Bistum Passau stritt sie um die ererbten Patronatsrechte von Hernstein, die ihr nach dem Urteil des von König Ottokar II. bestellten Landrichters Heinrich von Hardegg auf dem Gerichtstag zu Mautern zwar nicht zuerkannt wurden, weil es freies Eigen und sie nur eine Ministerialin sei, doch sie konnte ihr Erbe trotzdem behaupten. Eufemia trug offenbar sehr bewusst Konflikte aus, in denen es letztlich um kuenringisches Selbstverständnis ging. Dem inzwischen eingesessenen Hauskloster (gegründet 1137) sollte wohl deutlich vor Augen geführt werden, wem es seine Entstehung und wirtschaftliche Grundlage verdankte. Im Zusammenhang mit Hernstein ging es um die Stellung der Kuenringer, die als Ministerialen (Dienstleute) des Landesfürsten aufgestiegen und zu Landherren geworden waren.
Seitens der Fürsten versuchte man im 13. Jahrhundert die Stellung der Ministerialen rechtlich zu definieren, die im Unterschied zum alten, freien Adel als "Dienstleute" eigentlich keine Eigengüter haben durften, doch die gesellschaftliche Realität sah anders aus. Einer Kuenringerin des 13. Jahrhunderts ließ sich nicht einfach Rang und Würde absprechen. Dass Eufemia trotz des Urteils ihr Erbe behaupten konnte, zeigt, dass der soziale Wandel in der Adelsschicht des 13. Jahrhunderts die an der Vergangenheit orientierte rechtliche Definition von Freiheit und Unfreiheit überholt hatte. Das Selbstverständnis der Kuenringer fand in der wenige Jahrzehnte später entstandenen Zwettler Bärenhaut ihren Ausdruck. Dort wird erzählt, dass ihr Ahnherr Azzo aus dem Reich kam, um dem Babenbergerherzog gegen dessen Feinde beizustehen und für seinen Erfolg mit Ehren und Rechten ausgezeichnet wurde und im Land blieb. Demnach gehörten die Kuenringer von Beginn an zum höchsten Adel, ohne den das Land nicht regiert werden konnte, und besaßen "immer schon" die über viele Generationen erworbenen Rechte und Ämter.
Die streitbare Kuenringerin starb vermutlich im Zeitraum zwischen 1283 und 1285. Aus ihrer Ehe mit Rudolf von Pottendorf hatte sie sechs Kinder. Die Weiterführung der kuenringischen Adelstradition erfolgte über die Söhne ihres Onkels Hadmar III., Albero (V.) und Heinrich (IV.). Alberos Sohn Leutold I. gelang es, das Hauskloster wieder mit den Kuenringern zu versöhnen.