Herzog Leopold V. (der Tugendhafte)


*1157 bis †12.31.1194

Gefangennahme König Richards I. Löwenherz

Auf dem dritten Kreuzzug (1189-1191) kam es im Juni 1191 bei der Eroberung der Feste Akkon zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Herzog Leopold V. von Österreich und dem englischen König Richard I. Löwenherz um die Beute, die der englische König den deutschen und österreichischen Kreuzfahrern vorenthalten wollte.
Richard Löwenherz erlitt einige Monate später auf der Rückreise vom Heiligen Land an der Adriaküste in der Höhe von Aquilea - nach anderen Quellen in Istrien - Schiffbruch und musste den Landweg durch das Gebiet der ihm feindlich gesinnten Babenberger nehmen. Im Dezember 1192 wurde er im Dorf Erdberg bei Wien erkannt und festgenommen. Hadmar von Kuenring ließ ihn auf seine Burg Dürnstein bringen und streng bewachen. Die Umstände der Gefangenschaft waren aber vermutlich nicht allzu unangenehm, da der Gefangene überaus "wertvoll" war. Die Lösegeldsumme, die Herzog Leopold V. und sein Verbündeter Kaiser Heinrich VI. forderten, betrug 100.000 Mark Silber, mehr als 23.000 Kilogramm, wovon die Hälfte für den Herzog bestimmt war. Offiziell wurde die Summe als Aussteuer für Richards Nichte deklariert, die einen Sohn des österreichischen Herzogs heiraten sollte. An der Lage des englischen Königs änderten auch die Ermahnungen des Papstes und die Verhängung des Kirchenbanns über Kaiser und Herzog nichts, die mit der Gefangennahme eines Kreuzfahrers einen schweren Verstoß gegen das Kirchenrecht begangen hatten.
Nach der Bezahlung des Lösegelds wurde König Richard im Jänner 1194 freigelassen. Leopold V. verwendete die ihm zustehenden 50.000 Mark für die Erweiterung Wiens, außerdem soll das Geld für die Gründung Wiener Neustadts und zur Befestigung der Städte Enns und Hainburg herangezogen worden sein. Herzog Leopold V. erlangte vor seinem Tod am 31. Dezember 1194 noch die Absolution, während Kaiser Heinrich VI. im Kirchenbann starb.
Die Gefangennahme des englischen Königs erregte großes Aufsehen und führte nicht zuletzt zu einem Wechsel der politischen Kräfteverhältnisse in Europa zugunsten des Kaisers. Die Legenden erzählen allerdings wenig von hoher Politik, sondern mehr von einem persönlichen Konflikt zweier Fürsten, von der Entstehung des rot-weiß-roten Wappens und von der romantischen Suche des Sängers Blondel nach seinem Herrn. Anlass des Konflikts und der Feindschaft sei das Herunterreißen des österreichischen Banners von einem Turm gewesen, den Herzog Leopold erobert hatte. Ebenso erfunden wurde die Geschichte vom blutgetränkten Waffenrock des Herzogs, der nach Abnahme einer schrägen Binde einen weißen Streifen hatte, worauf der rot-weiß-rote Bindenschild zurückgehen soll.
Von der Gefangenschaft in Dürnstein erzählt die Sage von Blondel, dem treuen Diener König Richards, der sich auf die Suche nach dem verschollenen König begab. Er durchwanderte ganz Deutschland und Österreich, und vor jeder Burg sang er ein Lied, das nur der König und er kannten. Als er in Dürnstein die erste Strophe gesungen hatte, hörte er zu seiner größten Freude, wie jemand im Inneren der Burg die zweite Strophe sang. Nun wusste Blondel, dass König Richard hier gefangen gehalten wurde. Er kehrte sofort nach England zurück, wo er darüber berichtete.