Biographie
Der gebürtige Hollabrunner war einer der Wegbereiter der modernen Anthropologie und Ethnologie. Felix von Luschan gehörte zu den großen universal kulturhistorisch orientierten Wissenschaftern des 19. Jahrhunderts, dessen Forschungen medizinisches, ethnologisches und anthropologisches Wissen vereinten. Durch seine außergewöhnlichen Kenntnisse und Erfolge erwarb er sich herausragende Verdienste in der Forschung und im musealen Bereich.
Geboren in Hollabrunn im Weinviertel, studierte er in Wien Medizin und in Paris Anthropologie. Sein wissenschaftliche Karriere begann er 1882 als Privatdozent an der Universität Wien, doch wurde sein Lebensmittelpunkt Berlin, wo er ab 1885 am Museum für Völkerkunde tätig war. Am Beginn seiner internationalen Laufbahn unternahm er mit den maßgeblichen Altertumswissenschaftern seiner Zeit - darunter Otto Brenndorf, dem Begründer der österreichischen Forschungen in Lykien (Südwesttürkei) - ausgedehnte Forschungsreisen nach Kleinasien und Anatolien. Bei Sendschirli (Zincirli) in der Türkei entdeckte er die Ruinenstätte von Sam'al, Hauptstadt eines späthethitischen Königreiches, die er von 1888 bis 1902 freilegte und publizierte.
Am Berliner Völkerkunde-Museum war er zunächst Direktorialassistent, von 1904 bis 1910 leitete er als Direktor die Afrika- und Ozeanienabteilung. Ein zentrales Anliegen war ihm die Vergrößerung der Sammlungen. Das Haus sollte weltweit eine der wichtigsten musealen Einrichtungen werden. Außerordentlich verdient machte er sich durch die Erwerbung der "Altertümer von Benin", einer Gruppe von westafrikanischen Elfenbeinschnitzereien und Bronzefiguren höchster künstlerischer Qualität, die er in einem dreibändigen Werk veröffentlichte. Der reiche Zuwachs an Beständen und das umfangreiche Material, das er während seiner Reisen gesammelt hatte, wurde in einer Vielzahl von Publikationen aufgearbeitet. Als kulturhistorisch orientierter Wissenschafter, der großräumige Vergleiche befürwortete, war er stets um die Darstellung größerer Zusammenhänge bemüht. Sein Wissen und sein Einsatz trugen nicht zuletzt wesentlich zur Anerkennung des Faches Völkerkunde bei.
1911 wurde Felix von Luschan ordentlicher Professor des ersten Lehrstuhls für Anthropologie an der Humboldt-Universität in Berlin.