Severin von Noricum


†8.1.482

Severin organisiert Hilfe in einer Hungersnot

"Zur selben Zeit hatte eine furchtbare Hungersnot eine Stadt namens Favianis (Mautern) überfallen, und ihre Bewohner glaubten, die einzige Rettung für sie bestünde darin, dass sie den Mann Gottes aus der vorerwähnten Stadt Comagenis (Tulln) durch fromme Bitten zu sich beriefen. Er sieht ihr Kommen voraus und wird vom Herrn ermahnt, mit ihnen zu gehen. Nach seiner Ankunft begann er, den Bürgern folgendermaßen zu raten: 'Durch Werke der Bußfertigkeit werdet ihr euch von dieser verderblichen Hungersnot befreien können.'
Während sie nun diese Anweisungen befolgten, erfuhr der hochselige Severin durch göttliche Offenbarung, dass eine Witwe namens Procula eine große Menge Getreide verborgen halte. Er ließ sie sich vorführen und tadelte sie heftig: 'Warum', sagte er, 'machst du, eine Frau aus vornehmster Familie, dich zur Magd der Habsucht und erweist dich als Sklavin des Geizes, der nach einem Worte des Apostels Götzendienerei ist? Siehe, der Herr sorgt barmherzig für seine Diener, du aber wirst mit deinem unrechten Besitz nichts tun können, außer dass du vielleicht das hartherzig verheimlichte Getreide in die Fluten der Donau schüttest und so den Fischen gegenüber eine Menschlichkeit an den Tag legst, die du den Menschen verweigert hast. Deshalb hilf doch mehr dir selber als den Armen mit dem, was du noch aufzuspeichern beliebst, während Christus hungert.' Durch diese Worte wurde die Frau von großer Furcht ergriffen und ging daran, ihre Vorräte bereitwillig unter die Armen zu verteilen. Kurz hernach nun erschienen unvermutet am Donauufer zahlreiche mit Waren übervoll beladene Schiffe aus Rätien, die im dicken Eis des Inn viele Tage stecken geblieben waren."
(Eugippius, Das Leben des Heiligen Severin Kap. 3, übersetzt nach R. Noll)

Trotz aller geistlichen Verbrämung des Textes wird deutlich, dass Severin Autorität ausübte und zu organisieren verstand. Die Geschichte zeigt zudem, wie weiträumig der römische Alltag organisiert war. Eine andere wundersame Geschichte um den heiligen Severin handelt von einer Krise, die entstand, weil die Lieferungen von Olivenöl aus Italien nicht mehr über die Alpen kamen. Danach mussten sich die norischen Hausfrauen jahrhundertelang mit Schweineschmalz zufrieden geben.