Biographie
Der gebürtige St. Pöltner Ernst Stöhr, Neffe des Komponisten Ludwig Stöhr, ist der Nachfahre eines Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Fürstentum Hohenzollern eingewanderten Instrumentenmachers. Von 1877 bis 1879 studierte er Malerei an der Kunstgewerbeschule in Wien. Er gehörte der Hagengesellschaft an, deren Mitglieder sich regelmäßig im Café Sperl in der Gumpendorfer Straße trafen. Ab 1879 studierte er an der Akademie der bildenden Künste in Wien, wo er erst 1887 austrat. Diese Jahre waren von reger Reisetätigkeit gekennzeichnet. Stöhr fühlte sich nirgends zu Hause und irrte zwischen Wien, St. Pölten, Melk und St. Johann am Wocheiner See (Slowenien) umher. 1895 organisierte er eine Ausstellung für Theodor von Hörmann, der durch sein frühes Auflehnen gegen den Akademismus als Wegbereiter der Secessionsbewegung gilt. Ernst Stöhr war 1897 Gründungsmitglied der "Vereinigung Bildender Künstler", gemeinsam mit Gustav Klimt, Koloman Moser, Carl Moll und anderen. Seine literarischen Texte wurden vor allem in der Zeitschrift "Ver Sacrum" abgedruckt. Stöhr starb in St. Pölten.
Das künstlerische Schaffen Stöhrs ist geprägt von einer besonderen Vielschichtigkeit, die in der differenzierten Verwendung der Motive wie auch der Stile ihren Ausdruck findet. Allen Werken gemeinsam ist das Streben nach dem Ausdruck der Seelenstimmung des Künstlers und das Transformieren musikalischer Kompositionen in Bilder. Wie Stöhr selbst zu sagen pflegte, "instrumentiert" er seine Bilder mit Farben und Formen. Dabei ist er fremden Einflüssen offen, wie etwa der Farbzerlegung bei Georges Seurat, dessen Werk er 1903 kennen lernte. Vielfach schuf Stöhr Stimmungsbilder seiner Gedankenwelt und Gemütsverfassung, die in der Regel von Melancholie, Todesahnung, Schwermut und der Frage nach dem Sinn des Lebens sowie der Ehrfurcht vor der Natur geprägt sind.