Biographie
Hugo Wolf verbrachte zwischen 1888 und 1897 viel Zeit in der Brunnergasse 26 in seinem "geliebten" Perchtoldsdorf, wo er einen Großteil seiner Werke komponierte.
Der Komponist wurde in Windischgrätz (Slovenj Gradec) in Slowenien als viertes von acht Kindern geboren. Sein Vater war von Beruf Gerber und unterrichtete Hugo ab dem fünften Lebensjahr in Violine und Klavier. Nach der Pfarrhauptschule im Ort versuchte er es in drei Gymnasien, erwies sich aber als disziplinär schwierig und brach schließlich die Schule ab. Mit 15 Jahren beschloss er, Musiker zu werden, und ging nach Wien, um das Konversatorium zu besuchen. Kritische Äußerungen führten zu einem Diszilplinarverfahren und zu seiner Entlassung. In den folgenden Jahren lebte er in großer Armut und erlernte das kompositorische Rüstzeug als Autodidakt.
Um die Jahreswende 1877/1878 infizierte er sich mit Syphillis und lebte, geplagt von Hautausschlägen und Haarausfall, in der ersten Jahreshälfte völlig zurückgezogen. Im August 1878 reiste er mit zwei Familien, deren Kindern er Musikunterricht erteilte, nach Waidhofen an der Ybbs auf Urlaub. Hier plante er, einen Liederzyklus "Dichterleben" nach Hoffmann von Fallersleben zu komponieren, gab aber nach einigen Liedern das Projekt wieder auf. In den Jahren 1880 und 1882 wohnte er als Gast des Architekten Viktor Preiß im "Marienhof" in Mayerling, wo er sich auf ausgedehnten Spaziergängen, unter anderem nach Heiligenkreuz, inspirieren ließ.
Hugo Wolf vollendete in Mayerling 1880 sein Streichquartett in d-Moll. In dieser Zeit hielt er sich auch mehrmals in Perchtoldsdorf bei der Familie des Börsenmaklers Heinrich Werner auf, entfernten Verwandten des Architekten Viktor Preiß, und musizierte mit der Tochter des Hauses. Einige Jahre verdiente er seinen Lebensunterhalt als Tanzmusiker, Musiklehrer und Musikkritiker, wobei sein aufbrausendes Temparament immer wieder Schwierigkeiten bereitete, bis er sich entschloss, sich intensiv dem Liedschaffen zu widmen. Im Haus der Familie Werner in Perchtoldsdorf, das im Winter leer stand, fand er einen ruhigen Ort und bezog im Jänner 1988 ein turmartiges Zimmer in der Brunnergasse 26.
Am Abend seines ersten Tags in Perchtoldsdorf komponierte er "Das Gesellenlied" als C-Dur-Replik auf Wagners Meistersinger und das Heine-Lied "Wo wird einst" als Hommage an Schumann. In der Abgeschiedenheit schrieb er von Februar bis Mai in einem wahren Schaffensrausch den größten Teil seiner 53 Mörike-Lieder. Auch in den folgenden Jahren verbrachte er längere Zeit in Perchtoldsdorf, erlebte hier die kreativsten Phasen seines Lebens und komponierte einen Großteil seiner bekanntesten Werke. Zwischen 1888 und 1897 schrieb er 116 Lieder, von Oktober 1889 bis April 1890 entstand das "Spanische Liederbuch", 1895 arbeitete er an der Oper "Der Corregidor" und im März 1896 vertonte er den zweiten Teil des "Italienischen Liederbuchs".
Dazwischen lagen Zeiten geistiger und körperlicher Erschöpfung, in denen sich sein labiler seelischer Zustand bereits bemerkbar machte. 1897 war sein Besuch schon von seiner psychischen Krankheit überschattet. Die Oper "Manuel Venegas", an der er damals arbeitete, sollte nur mehr Fragment bleiben. Im September 1897 wurde er schließlich in eine private Wiener Heilanstalt eingewiesen und ein Jahr später nach einem Selbstmordversuch in die Niederösterreichische Landesirrenanstalt in der Lazarettgasse in Wien. Zweimal noch konnte er im Sommer 1899 sein geliebtes Perchtoldsdorf wiedersehen, dann sollte er bis zu seinem Tod im Alter von knapp 43 Jahren die Anstalt nicht mehr verlassen. Kurze Zeit später verübte die "Hugo-Wolf-Muse" Melanie Köchert, die ihn jahrelang unterstützt hatte und sich heftige Vorwürfe machte, zu wenig für ihn getan zu haben, in Wien Selbstmord.
Anlässlich des 100. Todestages des Komponisten wurde in der Brunnergasse 26 das Hugo-Wolf-Museum eröffnet, das - vom Kachelofen bis zur Petroleumlampe und der Kautschuk-Reisebadewanne - jenes Ambiente zeigt, in dem Hugo Wolf seine größten Schaffenszeiten erlebte.
(Quelle: P. Erhart, Niederösterreichische Komponisten, 1998, Doblinger Wien, S. 152f.)