Stift Herzogenburg im Barock
1714 wurde Jakob Prandtauer mit der Planung und Bauleitung des Neubaus des Stiftes beauftragt, ein Projekt, das jedoch aus finanziellen Gründen nur zur Hälfte verwirklicht werden konnte. Von den vier von Prandtauer geplanten Höfen konnten letztlich nur zwei ausgeführt werden.
Die knappen Mittel hinderten den Abt jedoch nicht, neben Prandtauer auch den auf dem Höhepunkt seiner Karriere stehenden kaiserlichen Architekten Johann Bernhard Fischer von Erlach für den Neubau zu gewinnen, der im Rahmen des von Prandtauer projektierten Osttraktes den Kaisersaal zu entwerfen hatte. Dieser nimmt zwar auf die ungewöhnliche Aufrissdisposition der Flügelbauten mit ihrer überdimensionalen Sockelzone Rücksicht, wirkt als raumplastisch ausgreifender, monumentaler Baukörper im flächigen Wandsystem des Osttrakts Prandtauers jedoch als Fremdkörper. Im Gegensatz zu Fischers Risalit blieb die Fassade des noch stark der Baukunst des 17. Jahrhunderts verpflichteten Prandtauer im Nordtrakt des Stiftes eng an die anschließenden Fassaden gebunden und wird im Gegensatz zum Risalit der Ostfassade in wenig fantasievoller Weise akzentuiert. So konnte Fischer - im Vergleich zu Prandtauer - erneut seinen Rang als führender Architekt Österreichs unter Beweis stellen.
Der Neubau der in den Südflügel des Stiftes integrierten und somit gleichsam an den Rand gedrückten spätgotischen Hallenkirche wurde erst 1743 durch Franz Munggenast in Angriff genommen, nachdem sich sein Vater Josef seit den späten 30er Jahren des 18. Jahrhunderts mit der Planung befasst hatte. Die bereits die Spätphase des Barock bezeichnende, auf kühle Distanz bedachte Formensprache Franz Munggenasts im Kircheninneren steht dabei in bewusstem Gegensatz zur üppigen Farbigkeit der Fresken von Bartolomeo Altomonte.
(Quelle: T. Karl, Klosterbauten im Barock, in: Landeschronik Niederösterreich, 2. Aufl. 1994, S. 234ff.)