Oskar Kokoschka


*1.3.1886 bis †22.2.1980

Biographie

Der 1886 in Pöchlarn geborene Maler, Grafiker und Dichter gilt als bedeutender Vertreter des Expressionismus. Kokoschka verbrachte seine Kindheit und Jugend in Wien, wo er von 1905 bis 1909 an der Kunstgewerbeschule studierte. Seine künstlerische Entwicklung wurde vor allem von Gustav Klimt und dem Jugendstil beeinflusst. Seine Freunde und Gönner aus dem zeitgenössischen Wiener Intellektuellenkreis waren Karl Kraus, Max Dvorák und Adolf Loos. Ab 1907 arbeitete er für die Wiener Werkstätte und erregte erstmals Aufsehen mit seiner Lithografiefolge "Die träumenden Knaben" (1908) und seinem "Stillleben mit dem toten Hammel, Schildkröte und Hyazinthe" (1909, Österreichische Galerie, Wien). Gleichzeitig entstanden seine ersten expressionistischen Dramen, die - zum Teil mit Zeichnungen - in Herwarth Waldens Zeitschrift "Der Sturm" erschienen, dessen Mitarbeiter Kokoschka seit 1910 war.

Mit seinem literarischen Werk erlangte er schon früh internationale Anerkennung. Der Einsatz von starken Effekten und pathetischer Sprache ist dafür ebenso kennzeichnend wie der Verzicht auf zusammenhängende Handlung und das Überschreiten der traditionellen Form durch Einbeziehung von Tanz und Pantomime. Zu seinen wichtigsten Dramen zählen "Sphinx und Strohmann" (1907), "Mörder, Hoffnung der Frauen" (1909, vertont von Paul Hindemith 1921), "Der brennende Dornbusch" (1911) und "Orpheus und Eurydike" (1915, vertont von Ernst Krenek).

Seine frühen Lithografiezyklen, seine visionären Bilder ("Die Windsbraut", 1914, Kunstmuseum Basel) und Porträts beschäftigen sich mit den Dramen der menschlichen Seele, besonders mit dem Strindberg-Problem des Geschlechterkampfes. Während des Ersten Weltkrieges wurde Kokoschka schwer verwundet. In den Jahren 1919 bis 1924 lehrte er an der Dresdner Kunstakademie, anschließend war er mehrere Jahre vorwiegend auf Reisen (1924-1931, Europa, Afrika, Naher Osten). Danach kehrte er nach Wien zurück, emigrierte jedoch 1934 nach Prag. Von dort ging er 1938 nach London, wo er 1947 die britische Staatsbürgerschaft annahm. 1953 ließ er sich in Villeneuve am Genfer See nieder.

Abgesehen von einer Phase um 1910, kann man Kokoschka nicht eigentlich als einen "Neuerer" der Kunst betrachten; was sein Schaffen jedoch auszeichnet, sind die visionäre, dichterische Sicht und die starke seelische Einfühlungskraft. Sein späteres Werk umfasst Landschaften und Städtebilder, allegorische, biblische und mythologische Themen. Die Farbe, die in seiner Dresdner Zeit als bestimmender Ausdrucksträger hervortritt, wird in den Stadtansichten, die auf seinen Reisen entstehen, wieder zurückgenommen. Der große Zyklus von Städtebildern und Landschaften, die starke Aufsicht mit weiter Fernsicht verbinden ("Weltlandschaften"), kann als einzigartig in der Kunst des 20. Jahrhunderts angesehen werden. In seinen Porträts, Stadtansichten sowie seinen (oft politischen) Allegorien - Inhalte und Themen, die auch sein Spätwerk bestimmen - leben barocke Gestaltungsprinzipien (besonders Franz Anton Maulbertsch) nach. In literarischer Hinsicht gilt er als Wegbereiter des expressionistischen Dramas. Die späten Prosawerke sind im Gegensatz zu seinem literarischen Frühwerk in einem betont nüchternen Stil verfasst ("Mein Leben", Autobiografie 1971).

Seine Heimatgemeinde Pöchlarn verlieh Kokoschka schon 1951 die Ehrenbürgerschaft. 1953 gründete er in Salzburg die "Schule des Sehens" als internationale Sommerakademie. 1954 erhielt er den Großen Österreichischen Staatspreis. In seinem Geburtshaus wurde unter seiner Mithilfe 1973 ein Kokoschka-Dokumentationszentrum ins Leben gerufen und nach seinem Tod eine Gedenkstätte eingerichtet. Ein Oskar-Kokoschka-Zentrum befindet sich im Archiv der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Kokoschka starb 1980 in der Nähe von Montreux.