Das Stiftungsgebiet Zwettls nach der Zwettler Bärenhaut
In der Bärenhaut, wie das kurz nach 1300 entstandene Zwettler Stifterbuch ("Liber fundatorum") nach dem Einband aus der Haut eines Saubären (Eber) genannt wird, ist zur Erläuterung des Textes eine ganzseitige Karte des Zwettler Stiftungsgebiets mit der schematischen Darstellung des Gründungsgeschehen abgebildet (Bl. 12r).
In einem großen Kreis, der den Umritt Hadmars I. von Kuenring mit dem ersten Zwettler Abt Hermann und zugleich die Grenzen des Gründungsgutes symbolisiert, sind acht Kreismedaillons mit Architekturdarstellungen zu sehen, die folgende Orte darstellen sollen: im Zentrum die Zwettler Klosterkirche und rundum die Grangien (Wirtschaftshöfe) Dürnhof, Gaisruck, Pötzles, Edelhof und Ratschenhof, die Johannes-Pfarrkirche (Propsteikirche in der Stadt Zwettl) und die Stadt Zwettl. Links von der Stadt wurde später noch das Gut Zwettl (predium Zwetel) eingezeichnet.
Drei an den Kreis außen angesetzte Medaillons zeigen König Konrad III. (rechts oben), Herzog Leopold von Bayern (= Markgraf Leopold IV., rechts unten) und Papst Innozenz II. (links unten). Links oben sind Hadmar I. und Abt Hermann ohne Umrahmung beim Umritt dargestellt. Zur geografischen Orientierung sind seitlich die Symbole für Sonne (sol oriens, Osten) und Mond (luna occidens, Westen) eingezeichnet.
Die ausführliche Beschriftung der Karte wurde erst um 1326/29 von dem Zwettler Mönch Gregor ausgeführt. Die Karte gibt, ausgehend von der Gründungsurkunde und anderen schriftlichen und mündlichen Überlieferungen, die "Zwettler Welt" zur Zeit der Abfassung wieder. Erlebte Wirklichkeit und historische Interpretation wurden durch Bild und Legende zu einer Einheit.
(Quelle: Die Kuenringer - Das Werden des Landes Niederösterreich, Katalog des NÖ Landesmuseums, Neue Folge Nr. 110, 1981, S. 167ff.)