Markgraf Leopold III. (der Heilige)


*~1075 bis †15.11.1136

Chronicon pii marchionis (um 1180)

Das sog. Chronicon pii marchionis ist ein kurzer Bericht über den Markgrafen, der um 1180 entstand, also nur wenige Jahrzehnte nach seinem Tod (1136), und die Grundlage fast aller späteren Erzählungen über den verehrten und schließlich heiliggesprochenen Markgrafen bildete. Die Erzählung ist als Einschub in einer Klosterneuburger Annalenhandschrift des 13. Jahrhunderts überliefert. Dort wird zum Jahr 1114 über die Grundsteinlegung der Klosterneuburger Stiftskirche berichtet und danach folgt ein Exkurs über Leopold, hier erstmals mit dem Beinamen "der Fromme" (pius), seine frommen Stiftungen, seine Heirat, seine Kinder und deren Werdegang. Darüberhinaus enthält die Erzählung wertvolle Nachrichten über die Stiftung Klosterneuburg, über Propst Hartmann (1133-1140) und über die papsttreue Gesinnung des Konvents zur Zeit des Schismas in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts.

Die Erzählung wurde später mehrmals bearbeitet und ergänzt. Eine grafische Darstellung der genealogischen Nachrichten des Chronicon pii marchionis entstand im beginnenden 14. Jahrhundert, wobei die Beschreibung der Grafik aus dem Text des Chronicon stammt. Auch in den Umschriften der Babenbergerscheiben des Heiligenkreuzer Brunnenhauses finden sich zum Teil Wendungen aus dem Text des Chronicon. Leopold III. rückte an die Spitze der Babenbergergenealogie, die zur Zeit der ersten Habsburger zur "Landesgenealogie" und damit zum Symbol eines Landesbewusstseins wurde: Mit Leopold III. "begann" gleichermaßen die Geschichte des Landes. Der Text des Chronicon wurde noch im 14. Jahrhundert um Wundertaten des Markgrafen erweitert. 1371 tritt zum ersten Mal die Erzählung vom verlorenen Schleier der Markgräfin Agnes auf, die "Schleierlegende".

(Quelle: H. Dienst, in: Der heilige Leopold - Landesfürst und Staatssymbol, Katalog des NÖ Landesmuseums, Neue Folge Nr. 155, 1985, S. 207f., Kat.-Nr. 146)